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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0035 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 35 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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wände, ein Papierplafond, von dem mehr dick verstaubte Spinnweben als Papierfetzen herabhängen, waren mir etwas Selbstverständliches geworden. Ich wußte es auch nicht anders, als daß die Papierfenster meines Raumes zerrissen sein müssen. Ich war daran gewöhnt, daß, wenn ich gleich nach der Ankunft meine Fenster neu verklebt hatte, das Papier sofort wieder an allen Ecken und Enden durch feuchte Chinesenfinger geräuschlos durchbohrt wurde und dunkle, neugierig wachsame Augen jede meiner Bewegungen verfolgten. Daß ich auf dem schmutzigen Lehmboden sitzen müsse, oder höchstens auf einem schmalen Bock, an dem sicherlich der vierte Fuß fehlte, weil ich selbst keinen Stuhl mitgenommen hatte, war mir auch gar nichts Neues, und ebenso selbstverständlich fand ich, daß bei meiner Toilette einer meiner Diener mit viel Geschrei die Tür zuzuhalten habe, damit die neugierige Menge mich währenddem nicht ganz erdrücke. Hier in Kün tschou lag die Sache aber noch viel schwieriger. Die Gastwirte zeigten überhaupt keine Lust, mich, den Yang gui tse, den ausländischen Bastard 1), bei sich aufzunehmen. Sie dachten, ich sei ein Missionar. Als solcher aber war ich natürlich an diesem Zentrum taoistischen Glaubens besonders ungern gesehen. Ich war darum sehr froh, als mir in der mittlerweile hereingebrochenen Dunkelheit ein Polizeisoldat weit im abgelegenen Norden der Stadt einen alten Tempel als Wohnung anwies. Über die ungleichen Straßensteine dorthin zu gelangen, war allerdings schwierig. Denn in Kün tschou wußte man noch nichts von den Salatöllaternchen, der modernen Straßenbeleuchtung von Lao ho kou.

In dem Tempel angekommen, schob der Soldat einen großen Tongötzen etwas zurück, ein taoistischer Priester, der aus einer dunkeln Ecke herankroch, räumte einige tönerne Weihrauchbecken ab und zu meinem großen Staunen wurde mir von dem Soldaten und dem Priester auf dem Altar vor dem Gotte x, der drei Meter hoch neben mir saß, mein Bett ausgebreitet. „Der fremde Herr braucht sich j a nicht zu genieren, tue ganz wie zu Hause !" sagte der Polizeidiener, als er sich empfahl. Ma brachte mir später noch eine Schüssel Nudeln und eine Kanne Tee, dann blieb ich allein, während meine Kerze magische Lichter und Schatten von den großen bemalten Götzen an die Steinmauern warf.

Mein Quartier wäre auch wirklich vorzüglich gewesen, wenn es nicht mitten in der Nacht zu regnen angefangen hätte. Bald ging es aber nicht mehr bloß tropf ! tropf ! auf meine Lagerstätte herab. Ich mußte meine Decken zusammenrollen, zog sodann meinen gelbweißen Regenrock an, nahm mein Bündel unter den Arm und ging auf die Suche nach einem trockenen Plätzchen. In der mir amtlich überwiesenen heiligen Halle war selbst der oberste Herr Götze patschnaB geworden. Darum suchte ich draußen weiter. Der fast volle Mond leuchtete mir dabei ganz schwach hinter den triefenden Regenwolken.

In zwei anderen Tempeln nebenan saßen die Götzen ebenso traurig und naß da. Ich tappte weiter. Jetzt geht es eine Steintreppe hinauf, durch ein

1) Chinesische Schimpfwörter sind stets obszön. Es kann schon aus diesem Grunde Yang gui tse nicht, wie man meist liest, „fremder Teufel" bedeuten. Dagegen stimmt mit der Bedeutung Bastard, d. h. ursprünglich eigentlich „fremder Schildkrötensohn", auch der Ton des Wortes überein. Die vielen tausend Male, die mir dieses Schimpfwort zugerufen wurde, vernahm ich nie gui mit dem sogenannten dritten Ton, was böser Geist oder Gespenst bedeutet. Gui = Geist ist überhaupt kein Schimpfwort, denn stets wird damit auch die Seele der gefürchteten und verehrten Ahnen der Chinesen bezeichnet.

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