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0194 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 194 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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man sich wundern mußte, daß dieses so schwächlich aussehende Menschenwerk bei der sehr heftigen Strömung des Flusses nicht alljährlich großes Unglück brachte. Auf einigen großen Eisenpfeilern, die wie Kanonenrohre aussahen und am Ufer in den Boden eingerammt waren, um die großen Taue und Ketten der

Brücke zu halten, fand ich eine Inschrift, aus der zu ersehen war, daß die Brücke schon früh unter den Ming-Kaisern (im 5. Jahr des Kaisers Hung Wu, 1372 n. Chr.) in der jetzigen Weise aufgefahren worden, also eine viele hundert Jahre alte Einrichtung war. Zur Instandhaltung hatte das Gouvernement jedes Jahr 10 000 Tael

(30 000 Mark) auszuzahlen. Und ein paar tausend Tael sollen die Reparatur-

kosten tatsächlich auch in jedem Sommer verschlungen haben. Kostete doch allein ein Hanftau, wie es zur Verstärkung beim Sommerhochwasser nötig war, an die 1000 Mark unseres Geldes. Für die Beamten aber, die in Lan tschou Vater-und Mutterstelle am Volke vertraten, muß immerhin von den 10 000 Tael noch ein hübsches Taschengeld abgefallen sein 1).

Lan tschou fu ist also Brückenkopf, ist eine Feste, die einen bequemen

Hoang ho-Übergang verteidigt. Seit Urzeiten ist der Punkt für wichtig angesehen worden und militärisch besetzt gewesen wir finden hier schon lange vor Beginn unserer Zeitrechnung, während der Ts`in- und Han-Dynastie, ein befestigtes Lager erwähnt 2). Der Gelbe Fluß, der nur, soweit er vor der „Großen Mauer" draußen strömt, von sichtbarem Nutzen für Land und Leute ist, kann nirgends leicht überschritten werden. In der „ Großen chinesischen Ebene" nicht, wo ihn die Einwohner wegen seiner Zerstörungslust ihren Kummer und ihre Sorge nennen; einen vollen Tag war ich einst auf einem Fährboot, um bei Kai feng fu zwischen den unzähligen und immer in Bewegung und in fortwährendem Wechseln befindlichen Schlammbänken durchzufahren. An der Eisenbahnlinie Peking-Hankow, in Ho nan, bildete er mit seinem haltlosen Schlammuntergrund selbst für unsere modernen technischen Hilfsmittel ein schwierig zu überwindendes Hindernis. Bei Lung men und auf seinem ganzen Mittellauf

ist er bis hinauf nach Lan tschou fu nie bequem, obschon er doch kein sehr wasserreicher Strom ist. Endlich, in Lan tschou, fast am Beginn seines tibetischen Oberlaufes, liegt eine Stelle, wo die beiden Ufer nicht bloß ohne viel Mühe durch

 
 
  1. Nach halbjährigen Verhandlungen — die „Eltern des Volks" wollten lange nichts von einer Änderung wissen — gelang es 1 Jahr nach meiner Ankunft einer deutschen Firma, den Auftrag zu bekommen, einen eisernen Steg über den Fluß zu bauen. Dieser ist in den Jahren 1908-1911 hergestellt worden.

  2. In der Feudalzeit Chinas, während der Tschou-Dynastie (1122-255 v. Chr.) grenzte die Markung des heutigen Lan tschou fu an das Gebiet der „Hsi Kiang" (chines.), worunter man tibetische Nomaden vermutet. Zeitweise war der Platz auch wieder ganz von Hsi Kiang überschwemmt. Zur Zeit der Ts`in-Dynastie (255-206 v. Chr.) und bei den Han (206 v. Chr.-220 n. Chr.) wurde der Bezirk mehr und mehr chinesisch. Die Bezirkstadt lag aber etwas weiter südlich. Die heutige Niederlassung wurde erst von Kaiser Wen ti, dem Gründer der Sui-Dynastie (589 —605), angelegt. Während der Tang-Dynastie ging im Jahre 764 wiederum alles an die Tibeter verloren und verblieb diesen mit Unterbrechungen, bis nach 1000 dàs Hsi Hsia-Reich der Herr wurde. Um 1081 wurde L. endlich wieder von den Chinesen unter dem tapferen Eunuchengeneral Li hsien mit Hilfe der Tibeter erobert, die, soweit sie Ackerbauern waren, in einem Untertanenverhältnis zur Sung-Dynastie standen. (Auch Tsing yüan hsien wurde im gleichen Jahre dem Hsi Hsia-Reich entrissen.) Seither blieb die Stadt immer mit dem Reich vereinigt. Aus dem früheren wechselvollen Schicksal geht aber schon die Wichtigkeit des Platzes hervor.

 

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