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0394 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 394 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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OCR読み取り結果

 

  • II

kiao de), d. h. Mohammedaner. Tausende von ihnen sind mittlerweile zugrunde gegangen, sind bei dem Mohammedaneraufstand ums Leben gekommen. Damals jedoch, als die Goldwaschplätze am stärksten besucht waren — so um die siebziger Jahre — unterhielt die Regierung zu deren Schutz je zehn Soldaten in jeder der Lehmburgen an der Straße und von jedem Goldwäscher erhoben die Mandarine 2 Mace pro Kopf und Saison für die Goldwaschlizenz. Es waren Hunderte von kleinen Unternehmern, die diese Züge veranlaßten, die mit Leuten aus ihrem Dorf und ihrer Umgebung hierherzogen. Die Gegend gilt für eine der goldreichsten vom ganzen Hsi ninger Distrikt. Eines Tages aber — es muß im Jahre 1889 gewesen sein — kamen von weiter aus dem Süden ng Golokh-Tibeter in hellen Haufen dahergesprengt, fielen über die unbewaffneten Goldwäscher her, nahmen ihnen die Mundvorräte weg, die sie mühsam aus der Heimat, aus dem Hsi hing-Tal herbeigeschleppt hatten und zwangen

sie so samt den chinesischen Soldaten, sich eiligst zurückzuziehen. Seither

   haben die Soldaten ihre Posten nie mehr bezogen, und nur kleine Trupps be-   t j
sonders verwegener Goldsucher wagen jetzt noch die Gorgi-Schluchten auszu- beuten, wofür sie den umwohnenden Tibeterstämmen hohe Abgaben entrichten.

   Die hiesigen Grundeigentümer, zwei Stämme, die am Südrand der Steppen-   II

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ebene und an der Mündung der Gorgi-Schluchten ihre Weideplätze haben — im nördlichen Teil der Steppe sind wenig gute Weideplätze — waren zur Zeit meines Besuches bitter miteinander verfeindet. Aus einem Erbschaftsstreit

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waren jahrelange Kämpfe, die schon viel Blut gekostet hatten, entstanden. Ein junger Tibeter, den ein kinderloses Ehepaar adoptiert, hatte noch als

   Knabe seinen Adoptivvater während einer Pockenepidemie wieder verloren.   pol
Bald nach dem Tode ihres Mannes nahm die Adoptivmutter einen anderen°

   Mann in ihr Zelt, und als die Adoptivmutter starb, verweigerte der Stiefadoptiv-   2 T
vater die Herausgabe des Besitzes. Nachdem der junge Mann, der mittlerweile zwanzig Jahre alt geworden war, umsonst vor dem Häuptling geklagt hatte,

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   griff er zur Selbsthilfe, überfiel mit Hilfe seiner Altersgenossen und einiger   >~d
Blutsverwandten das Zelt des Stiefadoptivvaters, trieb die Herden weg und nahm Zelt samt Inhalt an sich. Seit dieser Tat war der Stamm in zwei Parteien

   gespalten. Der Da ho ba (chines.) oder Hongan tschü (tibet.), ein reißender   ,;I=
Gebirgsbach, der in einer tiefen Rinne die Steppe durchströmt, trennte die beiden feindlichen Gebiete. In seiner engen Schlucht fanden die meisten Kämpfe statt. Reinlich von Geiern abgenagt sahen wir die Knochen von Erschossenen am Abhang neben der Straße. Der letzte Liebesdienst, den tibetische Parteigenossen ihren Toten angedeihen lassen, besteht im Entfernen aller Kleidungsstücke, damit Geier, Füchse und Wölfe möglichst rasch und vollständig den Leichnam vertilgen können. Erlaubt es der Gefechtsverlauf, so binden außerdem die Kameraden rasch, ehe der Körper starr wird, die Kniekehlen mit dem Leibriemen des Toten so hoch und eng an die Brust, daß dadurch eine Hockerstellung zustande kommt. In dieser hockenden Stellung wird der tote Kamerad auf dem Schlachtfelde gelassen, als einladendes Mahl für alles Steppenraubzeug.

In der Nacht vom 11. auf den 12. Mai lagerten wir im Grunde der großen, wilden Da ho ba-Schlucht. Der hellleuchtende Hochgebirgsmond schuf aus den vertikal aufsteigenden Talwänden mit ihren Höhlen und Spitzbögen, ihren Säulen, Kaminen und Fialen eine gar geisterhaft anmutende Riesenorgel. Das

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