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0213 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 213 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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OCR読み取り結果

 

 

In einem Wald, bei einem kleinen Kloster, südlich, also noch diesseits des

Passes, kam ich durch ein morsches Holzgatter, das mich durch eine niedere

Mauer aus Feldsteinen und Erde brachte. Eine kleine, feuchte Wachtstube

lag dahinter; zehn Soldaten mit einem Sergeanten, mit einigen Flinten, Lanzen

und Schwertern, hielten darin Wache. Das war die Grenze Chinas! Jenseits

davon begann auch administrativ das tibetische Gebiet. Für drüben also sollte

kein obrigkeitlicher Schutz von den Chinesen zu bekommen sein !

Da ich nur zwei Diener und, wie erwähnt, meinen ganzen, auf Jahre be-

rechneten Silbervorrat bei mir hatte, und da der Paß für sehr räubergefährlich

galt, so machte ich dem Kommandierenden ein kleines Geschenk und erhielt

dafür die halbe Grenzwache als Eskorte. Ich hätte die ganze bekommen, aber

die andere Hälfte war leider nicht da. Sie war — wie mir der Sergeant wieder-

holt versicherte — von irgend einem Vorgesetzten „gegessen" worden, d. h. der

Sold für sie war in den Taschen der höheren Offiziere hängen geblieben. Nur

einen, so hörte ich später, hatte sich der Herr Sergeant selber noch erspart.

Und da das Pulver, das die Vorgesetzten verabfolgten, nicht brennen wollte,

so bettelten mich meine Beschützer gleich noch um Pulver und Blei an. Wir

luden die Gewehre und unter dem Schutz einer flatternden roten Fahne zogen

wir eine halbe Stunde später wieder weiter. Tibetisch ist aber hier nur ein kleiner

Streifen Landes. Noch am gleichen Abend, nachdem wir vom Passe Dar dia la

aus viele Stunden lang das weite Tal Tschi tai gu hinabgezogen waren, das

so, wie man es vom Paß aus sieht (auf Tafel XXXV), wiedergegeben ist,

nachdem wir noch an vier kleineren, tibetischen Klosteranlagen vorbeigekommen

waren, hatten wir wieder ein Mohammedanerdorf erreicht. Das Tal enthielt

einen Salaren-gun und wird von dem umwallten örtchen Tschi tai bu aus von

einem Schu be (Hauptmann) kontrolliert. In diesem Tschi tai-Tale, beim Orte

Be tschuan tang, ist im Jahre 1895 eine große Schlacht geschlagen worden, in

der viele hundert Menschen ihr Leben gelassen haben — meine Soldaten sprachen

sogar von Tausenden. Die Mohammedaner, in der Hauptsache Salaren, die an

der großen Rebellion teilgenommen hatten, wurden hier von Chinesen und

Tibetern unter Tung fu hsiang's Oberleitung, unter Beihilfe der Generale von

Hsi ning fu und Ho tschou lange Zeit hart bedrängt und unterlagen zuletzt

nach verzweifeltem Widerstand der Übermacht. Seit der Zeit liegen viele Dörfer

im Tschi tai gu in Ruinen, andere waren bei meinem Besuche eben erst wieder

neu aufgebaut. Salarenmänner soll es darum jetzt im ganzen auch nur noch

4000-5000 geben. Viele sind erschlagen, andere verzogen. An der Stelle des

Schlachtfeldes ist das Tal auf 400 m verengt und ein großes Tschorten, als ein

Sühnemonument für die Gefallenen von den Tibetern errichtet, erinnert an

das Ereignis').

Die neuen Mohammedanerdörfer im Tschi tai-Tale zeigten sich wenig ver-

schieden von denen von Ho tschou, auch hier waren es Lehmhäuser, zumeist

mit flachen Dächern. Jedermann schien auch noch Chinesisch sprechen zu

können, und die meisten Männer trugen einen Zopf. Während sich die gewöhn-

lichen Chinesen an die heutige, erst im Jahre 1644 eingeführte Zopfhaartracht

gewöhnt haben, glauben die Mohammedaner noch immer, daß sie den Zopf

beim Gebet nicht sehen lassen dürfen. Ja, ich habe chinesische Mohammedaner

1) Mit den Tschorten sollen die Manen der Gefallenen befriedigt werden.

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