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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0095 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 95 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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ein Nachbar dem anderen, der Bruder dem Bruder aufgelauert, hat aus dem Lebenden Fleischstücke herausgeschnitten, hat ihn totgeschlagen, hat ihn

zerhackt wie ein Stück Vieh, hat ihn gegessen — roh. Zweibeiniges Schaf$eisch essen nannte man dies euphemistisch. Tausende verfielen dem Kannibalismus.

Und als es immer weiter nicht regnete, als auch keine Saat mehr da war, zogen die Übriggebliebenen fort. Mancher Hauswirt hat mir so berichtet.

„Damals schlossen wir die Häuser nicht ab. Alles blieb liegen. Und als wir

wieder kamen nach anderthalb bis zwei Jahren, war es in den Häusern noch wie zuvor. In vielen Distrikten gab es jahrelang gar keine Einwohner mehr." Die Spuren von Winderosion, die Reste von Wüstenbildung, wurden hier, im Norden, immer reichlicher (Tafel XXIII). Die Stirnseiten der horizontal liegenden

Sandsteinschichten bekamen sonderbare, wilde Formen sowohl im Haupttal als

auch in den Seitentälern des Hoang ho. Wo nur aus der dicken Lößdecke noch Felsen heraussahen, waren sie von zahllosen gerundeten Löchern bis zu einem

Meter Tiefe ausgehöhlt. Vertikal zum Schichtensystem waren riesige Platten wie Krusten von den Felsen abgesprungen. Gleichwie bedeckt von Riesenwaben erschienen ganze Bergseiten. Wie diese natürlichen Höhlungen sahen auch die menschlichen Behausungen aus. Die meisten waren echte Lößhöhlen, die in die Lößwände zwischen die terrassierten Felder eingegraben waren.

Die Lößberge Schen si's und Schan si's sind von den Chinesen seit Jahrtausenden mit Hacke und Schaufel in Terrassen umgewandelt worden. Viele sehen wie die Berge süddeutscher Weinbaugegenden aus, wo die Steilheit der Hänge durch Weinbergmäuerchen gemildert wird. Vermöge der Eigenschaft des Lösses aber, sich vertikal abzuspalten und selbst in dünnsten Bogenformen jahrzehntelang Wind und Regen trotzen zu können, hatte es der chinesische Bauer nicht nötig, Steine herbeizuschaffen, um die Absätze durch Mauern zu stützen. Er gräbt bloß in seiner weichen Lößerde eine vertikale Wand ab und richtet sich den Berghang darunter als weniger steiles Feld zurecht. Da er in der Nähe seiner Felder wohnen will , so ist auch nichts näherliegend, als kurzerhand in die vertikale Lößwand zwischen den Terrassen, also gleichsam in die „Weinbergmauer" hinein, das Bauernhaus zu gründen. Tausende und Abertausende der Siedlungen von Schen si und Schan si und in dem Lößland Kan su's sind auf diese Weise entstanden und befinden sich noch heute in demselben Urzustand.

Das einzelne Lößhöhlenhaus (im Nordwesten Chinas „dun" = Höhle genannt) ist ein nicht tiefer und gerade gestreckter Gang in ziemlich spitzer Tonnengewölbeform, der nach außen stets durch eine dünne Wand mit Tür, Fenster, Rauchabzug und unten einigen Heizlöchern für den Kang verschlossen ist. Handelt es sich um eine ältere und reichere Ansiedlung, so sind dicht neben dem ersten Höhlengang noch mehrere ganz gleiche Gewölbegänge gegraben, die als Viehställe, als Herdhaus, als Frauenhaus, Witwensitz u. dgl. Verwendung finden. Sehr viele Lößhöhlen haben einen Balkeneinbau, ein Stützgerüst im Innern, da ein Nachstürzen der hängenden Lößdecke, zumal wenn das Haus einige Jahrzehnte alt ist, nicht allzu selten stattfindet. Weil gerade die vertikalen Frontseiten der Lößhöhlenhäuser am leichtesten einbrechen, so ist, wo einmal die Siedlungen größer, die Bauern reicher geworden sind , zumal auf der Sch an si-Seite des Hoang ho, der Höhleneingang durch ein Steingewölbe

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