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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0331 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 331 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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VIII.

Aufbruch ins Ts`ao ti.

wenn's im zentralen Hochasien Winter ist, dann ist es dort nicht bloß bitter und beißend kalt, sondern es saust und braust auch ein unwirscher alles erstarrender und tötender Sturmwind über das Land, so daß die Menschen, die da droben wohnen, die frommen und ewig betenden Lamaisten, nicht bloß von einer glühenden, sondern auch von einer kalten und eiserfüllten Hölle zu sprechen gelernt haben, in die die armen Sünder blutt und bloß hineingestoßen werden, um durch Frieren gezüchtigt und in einer Hölle geläutert zu werden, wo Eisspalten sie verschlingen, Eisnadeln sie durchstechen, Eisberge auf sie niederstürzen und ihre Glieder mit brennend kalten Eisblöcken zerschmettern. Außer durch seine Kälte macht sich aber der zentralasiatische Winter noch sehr unangenehm durch seine Trockenheit und durch seinen Staub. Schnee, das Wahrzeichen unseres europäischen Winters, ist ein seltenes Phänomen. In strahlender Bläue wölbt sich Woche um Woche, Monat um Monat ein wolkenloser Himmel über einer ausgedörrten, ausgemergelten Erde. Ein weißer Schleier, eine staubgeschwängerte Atmosphäre, die uns in der Kehle kratzt, hüllt alle Lebewesen ein. In einer blassen, grauweißen Dunstmasse versinkt der Sonnenball im Westen, lange, ehe er den Horizont erreicht. Und gelb nur, zitronenfarben und fahl färbt sich jeden Abend und jeden Morgen der Himmel, ohne violetten und roten Tönen auch nur ein Eckchen am ganzen Firmamente zu gönnen; so trocken und jeder Feuchtigkeit bar ist die Winterluft da droben. Erst wenn mit dem ersten Beginn des Frühjahrs die Monsunwinde vom chinesischen Tiefland, von den feuchten, weil meernahen Randgebieten des südlichen Asiens in die zentral gelegenen Höhen des Kontinents hinaufjagen und die feuchtwarme Luft des Tieflandes sich nach diesem Aufstieg in der Höhe abgekühlt hat, gibt es die Schneedecke, die wir Europäer im Winter zu sehen wünschen. Wo China und Tibet aneinandergrenzen, da, wo schon die Talböden mit ihren menschlichen Siedlungen sich so hoch erheben, daß selbst in diesen ziemlich südlichen Breiten kaum mehr Ackerbau getrieben werden kann, wo die Gebirgsmassen mit einem Male Himmelshöhe anzustreben scheinen, da ist dann in der Monsunregenzeit der Niederschlag am reichsten, dort hat die Luft im Darüberhinstreichen am meisten von ihrem Wasserballast auszuwerfen.

So war es am Morgen des 9. März in dem elenden chinesischen Mohammedanerdörfchen Bamba, wo ich meine neue Karawane zusammenzustellen begann, zu einem Niederschlag gekommen. Die letzten kümmerlichen Gerstenfelder grenzen dort, 2700 m hoch, im engen Tale an die Winterweiden tibetischer Nomaden, und dicht dabei ragen Bergriesen bis über 4000 m Höhe empor. Als ich um zehn Uhr in den Sattel stieg, lag von der vorausgegangenen Nacht noch eine dichte, 10 cm tiefe Schneedecke ; es war dies die erste des ganzen Winters.

Wir verließen darauf rasch das enge felsige Tal, wandten uns von den busch-

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