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0090 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 90 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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über Hsiang Hing hsien, zogen hierauf die Scharen weiter, überall mordend und sengend. 30 000 bis 40 000 sollen es gewesen sein. Im Frühjahr darauf sei wieder ein kaiserlicher General mit 3000 Mann gekommen. Diese bauten dann erst die Mauer und die befestigten Lager, die wir heute noch sehen und die in ihrer Art Ähnlichkeit mit dem Limes haben, mit dem die Römer ihr Dekumatenland schützten. Bis in die Hungerjahre hinein ist diese Besatzung geblieben. Während der großen Mohammedaneraufstände wurde dadurch verhindert, daß auf Raub ausziehende Streifkorps den Ho überschritten und in

die Provinz Schan si einfielen.

In einem so verarmten Bezirk wie Ki tschou hält sich ein Mandarin natürlich nur gerade so viel Polizei, als er zum Eintreiben der geringen Steuern braucht, und so hat das Räuberwesen hier in jener Art überhandnehmen können, von der ich schon oben einiges erzählt habe.

Langsam ging mein Marsch weiter, bald dicht am Flusse hin, bald einer besonders schlechten Stelle hoch über die Berge ausweichend. Oft mußte der Weg erst von eigens hierzu geheuerten Leuten hergerichtet werden. Mit Spaten, Hacken und Säbeln waren oben auf den Höhen die Lößwege zu erbreitern, damit die Maultiere nicht mit meinen Kisten und Eisenkollern in den Abgrund fielen. Eines Tags stürzte aber doch Dang fu, der von seiner Mutter mir so angelegentlich empfohlene Diener aus Lung tschü tschai, mit einem Lastpferde, das meinen groBen photographischen Apparat und meine Konserven- und Geschirrkiste trug, durch eine steile Felsrinne ab. Einige Steine waren ausgebrochen, das Tier kam ins Rutschen und zog den Mann mit sich hinab. Zwei Haus hoch war kein Halten. Der Sattel zerschellte an einem Felsvorsprung, weit im Bogen schleuderte es die Kisten in den FluB. Zum Glück für Tier und Mensch fielen auch sie weich ins Wasser, sonst lägen sie mir jetzt zerschmettert in der Einöde. So kostete es den Diener nur einige Zähne und das Tier ein paar Schrunden. Zwei Stunden später waren wir so glücklich und fischten die Kiste mit dem photographischen Apparat aus dem Strom. Es war ein Meisterstück der Firma Stegemann in Berlin. Trotz mehrmaligen Aufschiagens war die Kiste nicht zerbrochen und auch kein Tropfen Wasser in das Innere gedrungen, der Apparat selbst noch vollkommen intakt.

Gasthäuser fand ich in jener Gegend gar wenige, wieder war ich auf die Beherbergung angewiesen, die mir die chinesischen Bauern anboten. Gegen Geld und gute Worte war trotz meiner vielen Tiere immer leicht ein Unterschlupf zu bekommen. Dann erzählten sie mir am Abend des langen und breiten von der groBen Hungerzeit. Die leeren Höhlen in den alten LöBdörfern hatten freilich selbst nur allzu deutlich gesprochen. Tausende der unzählbar vielen örtchen und Dörfchen haben heute nicht die Hälfte, ja nicht ein Drittel der

einstigen Bewohner mehr. Wo aber sind diese Familien? Kein Mensch kann es mehr sagen. Manche sind wohl nur verzogen, geflohen und nicht wieder-

gekommen. Viele, viele aber sind langsam an Hunger zugrunde gegangen,

zuletzt in den FluB gesprungen oder im Kampf erlegen, erschlagen von den Bauern einer anderen Gemeinde, von Bekannten, die bei ihnen noch Vorräte

witterten. Alle Bande des Staates, der Gemeinde und der Familie waren gelöst. Es herrschte die vollkommenste Anarchie und auch innerhalb der Familien galt das Faustrecht. Wer noch etwas Mehl besaß, konnte sich sein Essen nur heimlich bei Nacht bereiten. Im Hohlweg, zwischen den Häusern hat damals

 
   
   
   

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