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0255 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 255 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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Wieder kamen an diesem Morgen Reiter zu uns hergeritten, die sich eine Weile

mit uns unterhielten, ehe sie weiterzogen. Die Tibeter sind alle sehr schmierig

und phantastisch gekleidet, jeder geht auch stets bewaffnet, und daß man in

diesen menschenleeren Steppen jeden Menschen, dem man begegnet, genau

betrachtet und anredet, ist eigentlich selbstverständlich; wir nahmen also keine

besondere Notiz von diesen zweifelhaften Besuchern. Erst am anderen Tag

wußten wir, was sie gewollt hatten.

Nach etwa 10 km kamen wir durch ein Zeltlager, das neben einer kleinen

Süßwasserquelle zwischen hohen Dünen lag. Zweiundzwanzig unsäglich ärmliche

Zelte drängten sich dort dicht zusammen. Die einzelnen Zelte waren nicht manns-

hoch und bestanden aus ein paar halbzerfetzten Laken, die nur wenig Schutz

bieten und vielleicht zwei oder drei Männer aufnehmen konnten. Während

mehrerer Monate und immer nur in der kältesten Zeit wohnen hier alle Jahre

die Fischer, die den Fischreichtum des Sees ausnützen. Es sind dies Mohamme-

daner und auch Mongolen, die von weit hergereist kommen. Täglich machen

sie von hier aus weite Züge auf den See hinaus, schlagen kleine Löcher in das Eis

und angeln mit krummgebogenen eisernen Nähnadeln. Trotz der primitiven

Hilfsmittel hatten sie täglich ein Erträgnis von dreißig Yaklasten Fische, also

etwa 30 Zentnern, die von hier aus auf den Markt von Dankar versandt werden.

Die Tibeter selbst betrieben keinen Fischfang auf dem See, es gilt ihnen als

Sünde, Fische zu fangen. Sie essen auch am Kuku nor nie Fische. Die Kuku nor-

Fischer teilen sich in Unternehmer und Arbeiter; die letzteren werden von ihren

Meistern im Akkord bezahlt. Beide erfreuen sich aber eines sehr wenig guten

Rufes, so daß es weder der Hsië dia noch Tschang für geraten hielt, neben ihnen

Lager zu schlagen. Wir zogen darum weiter nach Westen, aber nirgends fanden

wir etwas Weide. Ein breiter Dünengürtel zog sich überall bis an das Eis hin

und zu hohen Barchanhügeln war unabsehbar weit der Sand aufgehäuft.

Am Nachmittag begegneten wir zwei jungen Lamapriestern, die zu Fuß

aus Westen kamen und uns in großer Kümmernis ihr Leid klagten. Um die

heilige Insel im See zu besuchen, waren sie mit einem Bündel auf dem Rücken

von Labrang gomba (dem großen Kloster südlich von Hsün hoa ting) hergereist.

Sie hatten fast einen Monat gebraucht. Da aber ein breiter Streifen Wasser

vor der Insel noch offen geblieben war, so hatten sie ganz nahe vor ihrem Ziel

wieder unverrichteter Dinge umdrehen müssen. Sie hatten nur den Trost, daß

in diesem Jahr überhaupt noch niemand auf die Insel hatte gelangen können.

Sie waren aber so nahe an die Insel herangekommen, daß sie die Lamas, die

dort wohnten, deutlich sehen, ja mit ihnen sprechen konnten; es sollten vier

Mönche und eine „ani", eine Nonne, sein. Sie hatten auch die Ziegen gesehen,

die sich die Mönche auf der Insel halten, und ein Pferd, das — wie man allgemein

behauptet — eine besondere Rasse') darstellt, und einer Kreuzung mit den See-

drachen des Kuku nor entstammt, in Wirklichkeit aber nur als Dungfabrik

dient, um das nötige Brennmaterial für die Bewohner zu schaffen. Da nun auch

diese beiden Pilger nirgends am Seeufer einen Weideplatz gesehen hatten, so

beschloß ich, zunächst wieder umzudrehen, um die nächsten Tage nördlich

von den Dünen nach Westen zu ziehen.

1) Die Chinesen erzählten, daß die Tu ku hun persische Hengste auf die Insel gebracht hatten.

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