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0360 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 360 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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Gesichter wie bei den Messen in Tibet. Freilich schon die Farbenliebe der Leute und ihre mannigfaltigen Trachten machen das Herz lachen.

Auf dem Tanzplatz im Kloster Dunkur versammelte sich am Nachmittag

is

die munterste Gesellschaft. Es war ein gepflasterter rechteckiger Platz, rings-   0

herum ein gedeckter Gang mit alten verwetterten Holzsäulen. Hinten erhob

sich ein weißgetünchtes Haus und von einer offenen Loggia im ersten Stock

hing ein bunter Teppich herab. Der jugendliche Klosterheilige saß dort mit

seinem runden Vollmondgesicht und strahlte vor Freude. Unten auf den Stufen

und Podesten des Säulenganges saßen durcheinander Männer und Frauen;

bunt, rot, blau, grün, in allen Farben des Regenbogens, doch vorherrschend

weinrot leuchtete die Menge in dem hellen Licht der Hochgebirgssonne. Bis

in die Mitte des Platzes hockten die Leute mit gekreuzten Beinen auf dem

Boden und ringsum hörte man fröhlichstes Lachen.

Lauter Jubel erklang, als aus der doppelflügligen Türe unter der Loggia

des Heiligen die erste Maske erschien und mit einer Peitsche bewaffnet Ord-

nung und Platz für die beginnende Veranstaltung schaffte. Bei seinem Erscheinen

wie bei jedem neuen Auftritt schmetterten zwei Kupferposaunen ihre schaurigen

Töne heraus. Nachdem sich die Maske Platz geschafft, hüpfte sie lange im

Takt der Trommeln und Zimbeln im Hofe herum. Diese erste Maske war der

Erdgeist, das „alte weiße Männlein" genannt. Sie hielt in der einen Hand

einen Rosenkranz von riesigen Dimensionen mit Steinen von über Faustgröße.

Der Körper steckte in einem Hirschfellrock. Dazu schwang dieser Erdgeist

drohend einen langen krummen Stab und eine Peitsche. Später traten, ganz

wie bei der Neujahrsvorstellung im Kloster Gum bum, Totenmasken auf, und

nach diesen folgten acht Schreckensgötter. Dazwischen erschien wieder und

wieder der Kobold. Er war Festordner und Clown in einer Person. Während

die acht Schreckensgötter mit ihren Hirschschädeln, mit ihren schweren Ochsen-

hörnern, Eberköpfen und anderen Phantasiegebilden in ihren farbenprächtigen

seidenen Gewändern herumtanzten, äffte sie der bärtige alte Kobold auf die

verschiedenste Weise nach. Auch die langen Pausen zwischen dem Tanz füllte

er mit kindlichem Schabernack aus und machte sich dadurch überaus beliebt

bei seinem dankbaren Publikum. Der Heilige auf seinem Balkon und alle Zu-

schauer jubelten laut, wenn der Erdgeist plötzlich einen aus der Menge an den

Stiefeln packte, den Armen mitten in die Arena hineinzog und durchprügelte.

Die Vorstellung, der Tsam, dauerte zwei Stunden. Das Tanzen war ein

unschönes, in seiner Einförmigkeit langweiliges Hüpfen. Das Kopfdrehen, das

Bein- und Armschwingen wollte kein Ende nehmen. Ich fühlte mich nur be-

friedigt, da das malerische Bild, das die Zuschauer boten, und all das Eigen-

artige meiner Umgebung mich entschädigte.

Ich war eingeladen worden, während der Vorstellung neben dem Dunkur-

buddha auf dem Balkon zu sitzeng). Um meinem Nebensitzer zu huldigen, warfen

sich vor uns im Hofe unten Dutzende von Männern und Frauen in jeder Pause

und ungezählte Male hintereinander platt auf die Erde, so daß i c h mir schließ-

lich einbildete, die Anbetung gelte mir, da mein neben mir sitzender junger

1) Die Hauptinkarnation dieses Klosters ist „Dunkur Mandschusri", zur Zeit in der 12. Wiedergeburt. Er hat in den meisten Klöstern Amdos einen Sengkang (Wohnpalast). Seit seiner ersten Reise in die Mongolei im Jahre 1602 lebt er oft in Kuku khoto und Peking.

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