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0188 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 188 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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OCR読み取り結果

 

 

a 4.

nicht tun, ohne daß sein Herr, der vier Tagereisen entfernt wohnte, es ihm

befehle. Seinen Kollegen aber suchte ich vergebens, der hatte sich längst dünne

gemacht. Beide fürchteten nämlich für später die Rache der Tung fu hsiang-

Leute. Ich mußte also den letzten Tung fu hsiang-Krieger auch noch hinaus-

lassen. Damit die Leute aber keine Dummheiten machen konnten, hatte ich

ihre sämtlichen Waffen (ein Gewehr und sechs Säbel) zurückbehalten. Meine

chinesischen Diener wanden sich mittlerweile am Boden. Sie schimpften, sie

seien halbtot geschlagen worden, weil sie mir, einem Fremden, dienten. Zwei

davon verlangten ihren Gehalt und ihre sofortige Entlassung.

Aber nur einer blutete ziemlich stark an der Schläfe, er hatte einen Säbel-

hieb erwischt — die meisten hatten nur tüchtige Schrammen. Erst das Ver-

sprechen eines Schmerzensgeldes von je einem halben Monatsgehalt brachte

sie wieder in bessere Stimmung. Da es am Orte, wie auch weit in der Umgebung,

keinen Beamten geben sollte, so verlangte ich den Dorfältesten zu sehen. Er ist

nach chinesischem Gebrauch für den Frieden in seiner Gemarkung in erster Linie

verantwortlich. Auch hier hieß es natürlich, es gebe keinen, er sei krank, er sei

über Land, und niemand zeigte mir sein Haus. Spät am Abend kamen drei

alte Mollah, die mit mir über die Angelegenheit verhandeln, d. h. die Waffen

wieder haben wollten. Unklugerweise sagte ich diesen, ich müsse mich darüber

beschweren, daß ein Tung fu hsiang, der doch nur als Privatmann aufzufassen

sei, überhaupt noch Soldaten halte. „Bringe uns nicht ins Unglück," riefen da

alle drei, „es ist ja unser Fehler, daß wir nicht eingeschritten sind; die Raufbolde

sind aber betrunkene Theaterbesucher und keine Soldaten von Tung fu hsiang."

Als ich unter Hinweis auf die Waffen gegen diese Auslegung protestierte, sollten

die Raufbolde nun plötzlich kaiserliche Soldaten gewesen sein. Ich verlangte

als Beweis die Pässe und Nationale zu sehen. Wenn auch im alten China die

Soldaten sehr oft bewaffnet in Zivilkleidung 1) über Land reisten, so durfte doch

keiner mit Waffen in der Hand ohne einen schriftlichen Ausweis die Garnison

verlassen, und Privatleute durften anderseits keine Schußwaffen besitzen. So

mußten die drei Mollah mir am Ende doch zugeben, daß es Leute von der Leib-

wache des Tung fu hsiang gewesen seien. Sie baten mich aber, die Sache doch

ja nicht bei der Behörde anzuzeigen und wollten mir, um mich willfährig zu

stimmen, chinesische Süßigkeiten, Brot und Früchte schenken.

„Wenn du uns anzeigst, so ißt der Hsien und der Tung fu hsiang unser

ganzes Vermögen und wir armen Dorfbewohner haben doch nichts getan."

Ich wollte aber von einer Anzeige bei der Provinzialbehörde nicht abstehen

und versprach nur, die Unterstützung der Dorfältesten anzuerkennen, wenn sie

mir behilflich seien, das corpus delicti, das Gewehr und die Schwerter, zum

Distriktsmandarin nach Tsing yüan hsien zu schaffen. Dies wurde zugesagt.

Und so zog ich ab, eine Strecke hinter mir drein die Tung fu hsiang-Leute.

Unbelästigt reiste ich drei lange Tagereisen weiter nach der nächsten Stadt

Tsing yiian hsien. Der Weg führte durch eine wilde Gegend, selten waren darin

Felder zu sehen. Ich hatte einen hohen Paß zu überschreiten, den Tai huo schan

und Da tschang schan, der für die Lasttiere ein schweres Stück Arbeit abgab.

1) Die Uniform des eigentlichen chinesischen Heeres (der Lü Ying-Bataillone) bestand bis vor kurzem nur aus einer kurzen roten oder gelben Baumwolltuchjacke, auf der mit großen Schriftzeichen die Kommandobehörde zu lesen war. Zur Zeit meiner Reise war diese Uniformierung in Westchina noch allgemein im Gebrauch.

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