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0265 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 265 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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OCR読み取り結果

 

 

gottes Ts`ao ye geklebt1), und als ich erwachte, prangte auf allen meinen Kisten

und auch an den Sätteln, an den Körben, Säcken, Hämmern, an meiner Kamera,

ja selbst an dem Besenstiel, den ich zwei Tage vorher gekauft hatte, und an der

Kutterschaufel, kurz an allem, was mir gehörte, ein kleiner Sinnspruch oder

ein chinesisches Zeichen, das Glück und Reichtum bedeutete. Selbst in dem

Kehrichthaufen steckte ein besonderes Papier für den so wichtigen Gott des

Kehrichts. Meine drei Pferde trugen rote Bänder in ihre Mähnen eingeflochten

und vorn auf der Stirn ein breites, rotes Tuch; dies alles gehörte mit zum

Neujahrsgruß der Dienerschaft. Und „Fa ts` ai ba! fa ts` ai ba! werde reich!

werde reich !" wünschte man sich gegenseitig.

Bei der Neujahrsvisite beim Amban, die ich zusammen mit Mr. Ridley

r   machte, gelang es zum erstenmal, diesen alten Herrn zu Gesicht zu bekommen.

Er begrüßte uns in seiner Vorhalle, wie es in China allgemein üblich ist, und

führte uns dann unter vielen Verbeugungen und mit dem verbindlichsten Lächeln

in seinen Gästeraum. Dort angekommen, sprach er vom ersten Augenblick an

unausgesetzt und gab sich in unzweideutiger Weise die größte Mühe, uns ja nicht

. zu Wort kommen zu lassen. Er traute uns nicht. Er fürchtete einen Vorwurf,

der ihn in den Augen seiner Leute herabgesetzt hätte. Kaum daß es möglich war,

auch nur unsere Neujahrsglückwünsche anzubringen. Er vermied jeglichen

Dialog und wiederholte nur immer, wie leid es ihm tue, daß ich in seinem Gebiet

überfallen worden sei und daß die Hsië dia nicht besser gesorgt hätten. Sie hätten

die Schuld. Er werde unseren Begleiter streng bestrafen lassen. Seine Soldaten

seien unterwegs und würden alle meine Sachen zurückbringen2). Wenn ich

ein zweites Mal in seiner Provinz reise, so solle ich ihm j a zeitig mitteilen, wann

ich gehe, er lasse mich das nächste Mal nicht ohne eine Soldateneskorte ziehen.

„Ich gebe dir Soldaten mit. I ding wo ba ni sung. Verlasse dich darauf, ich werde

dich begleiten lassen!" wiederholte er immer wieder, ohne daß ich noch mit einem

Wort darum hätte bitten können. Sich dann plötzlich unterbrechend, ersuchte

er uns höflich aber bestimmt, den Tee zu trinken, und da wir einen Augenblick

tun wollten, als hörten wir nicht, so wiederholte er diese Bitte. Es blieb nichts

anderes übrig, als zur Teetasse zu greifen „Tso—aá !" Aufbruch! Abfahrt!

schrien die Türsteher im nämlichen Augenblick. In ganz China ist die Einladung,

Tee zu trinken, nur die Aufforderung zum Gehen, und wenn ein Gast nach der

Teekanne greift, die immer bei jedem Besuch neben ihn gesetzt werden muß,

so weiß jedermann, daß man nun aufbricht. Nach kaum fünf Minuten befanden

1) Auch Ts`ao wang ye genannt. Er ist der Hauptgott der Familie. Er untersteht dem Stadtgott und endlich dem allmächtigen Gott des Himmels, dem allerersten Gott der Chinesen, und natürlich auch dem Kaiser, dem Himmelssohn. Er behütet das Feuer und den häuslichen Herd. Am 23. oder 24. Tag des letzten Kalendermonats steigt er gen Himmel und berichtet dem Himmel, wie es das Jahr über in der Familie zuging. Darum ist dieser Tag sehr wichtig und heißt das Kleine Neujahr. Süßigkeiten, Reis und andere Sachen werden ihm an jenem Tage geopfert, und während sein Bild im Feuer verbrennt, ruft ihm die gesamte Familie noch nach: „Herr Küchengott, Herr Küchengott, sagt ja nichts Schlechtes von uns aus !" In der eigentlichen Neujahrsnacht kommt er vom Himmel zurück, wenn die Menschen sein Bild wieder frisch an die Wand kleben.

2) Tatsächlich brachen sie auch drei Tage später zum Kuku nor auf und brachten mir alle meine Tiere, wenn auch leider keinen der unersetzlichen Ausrüstungsgegenstände zurück.

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