国立情報学研究所 - ディジタル・シルクロード・プロジェクト
『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

> > > >
カラー New!IIIFカラー高解像度 白黒高解像度 PDF   日本語 English
0122 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 122 ページ(カラー画像)

New!引用情報

doi: 10.20676/00000264
引用形式選択: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR読み取り結果

 

 

11

!I

Ich fühlte mich bei der Ankunft in Kuei hoa halb in der Heimat. Seit dem Frühjahr 1905 gibt es dort eine Post, ich konnte also wenigstens Briefe schreiben, und kaum hatte ich ein Gasthaus bezogen, da brachte mir bereits ein Kaufmann deutschen Sekt, deutschen Kognak, japanisches Bier und japanische Büchsenkonserven in mein Haus und bot sie mir zum Kaufe an. Die Sachen waren erstaunlich billig. Nur war es schwer, j a unmöglich, eine Flasche zu finden, die nicht ein anderer schon vorher „probiert" hatte ! Der chinesische Kunde mag keine Katze im Sack kaufen und will sich stets vorher versichern, ob das auch gut ist, was ihm verkauft wird.

Die Stadt an sich, die Straßen boten auch im Vergleich zu den Landstädten, die ich seit Kün tschou in der Provinz Hu pe besucht hatte, ein ungewohntes und hochmodernes Aussehen. An allen Ecken sah man Schutzleute mit einem festen Prügel in der Hand neben einem Schildwachhäuschen, das schief und wie auf seinen Beinen nicht mehr ganz sicher auf einem der uralten Kehrichthaufen stand. Erst seit wenigen Monaten hatte man diese Neuerung eingeführt und so war noch alles sauber und unzerrissen. Auch in puncto Straßenbeleuchtung war man dem Verlangen der Reformbewegung in der Pekinger Zentralregierung bereits nachgekommen. Die Laternen in Kuei hoa tsch`eng standen sicher in keiner Weise denen von Lao ho kou nach. Das dazu verwendete Salatöl schien auch von der gleichen Güte zu sein. „Es muß jetzt in unserer Stadt aussehen wie in deiner 1ieimat. Wir Hang- und Gasthausbesitzer haben auch viel, viel Geld bezahlen müssen," meinte mein Wirt. Im übrigen ist Kuei hoa tsch`eng ein sehr schmutziger Ort und seine zu einem großen Teil fluktuierende arme und ungebildete Bevölkerung ist mit Recht verrufen. Dazu stand die Stadt bei meinem Besuch unter dem Eindruck eines schlechten Jahrganges. Zwar blühte der Großhandel wie zuvor. Die vielen Agenten und Kompradors von Tientsin-Firmen, die Großhändler in Ziegeltee, in Wolle, Schaffellen, großen grauen Ziegenfellen und Rinderhäuten spürten keinen Unterschied 1). Aber von allen Seiten drängten sich damals im August Arbeitsuchende nach der Stadt, die Pfandhäuser waren überlaufen und vom frühesten Morgen bis tief in die Nacht hinein von dichten Massen belagert. Die Leute, die oft weit aus dem Innern des Reichs hierhergekommen waren, um als Landarbeiter sich zu verdingen, hatten wenig Arbeit gefunden; die Ernte war schlecht. Die meisten mußten einen Teil ihrer Habe und Kleider veräußern, um das nötige Zehrgeld sich zu verschaffen. Reiche Chinesen klagten mir, es kämen in jenem Jahr ganz besonders viele Raubanfälle vor, und man ist hier im Kou wei", d. h. außerhalb der Tore des .,Reichs der 18 Provinzen", noch an ein gut Teil mehr Sittenlosigkeit gewöhnt als im Innern. Ich habe in China nicht oft einen Betrunkenen gesehen und dann meist nur einen, der mit seligem Lächeln schlief; es schien, als habe das Opium alle Rowdies zahm gemacht. Aber hier

1) In der Stadt läuft der Handel von sehr weit her zusammen. Von Kuei hoa tsch'eng führt eine große Handelsstraße nach Westen, nach Bau tu und weiter dem

Hoang ho aufwärts folgend nach Ning hsia fu in Kan su. Eine große Straße geht nach Osten, nach Kalgan. Die letztere galt aber allgemein für sehr räubergefährlich; es wurden deshalb auf ihr fast nur relativ wertlose Massengüter verfrachtet. Eine dritte große Straße, die sogenannte innere, führt in die Provinz Schan si hinein, nach Da tung fu

und Tai yuan fu. Ihr entlang wird nun eine strategische Bahn gebaut. Die Hauptverkehrszeit ist der Winter, wenn die Straßen gefroren sind und die Kamele einen dicken Pelz haben und benutzt werden.

88