国立情報学研究所 - ディジタル・シルクロード・プロジェクト
『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

> > > >
カラー New!IIIFカラー高解像度 白黒高解像度 PDF   日本語 English
0123 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 123 ページ(カラー画像)

New!引用情報

doi: 10.20676/00000264
引用形式選択: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR読み取り結果

 

ging es unter der Wirkung eines sehr guten und starken Hirseschnapses gar wild her. Orgien aller Art sah man in den Gassen und Hangs der Stadt.

In Kuei hoa tsch`eng war zur Zeit meines Besuchs kein Europäer ansässig. Für Missionare ist es kein guter Platz, dazu waren viele, ja fast alle, die einst hier gewohnt hatten und von denen frühere Reisende berichten, im Jahr 1900 auf die schändlichste Weise ermordet worden. Nahe bei Kuei hoa tsch`eng erlitt auch Bischof Hammer den Märtyrertod. Er hatte einen Teil der jüngeren Priester seines Sprengels heimgesandt, damit sie wiederkommen könnten, wenn die Wirren beendet wären, aber sich selbst hielt er für zu alt und zu schwach, um die lange Reise durch die mongolischen Steppen und Wüsten noch überstehen zu können, auch wollte er als oberster Hirte bei seinen chinesischen Christen zurückbleiben. Der Straßenpöbel hat dafür dem ehrwürdigen, schier siebzigjährigen Greise seinen Bart ausgerissen, Soldaten haben ihn ausgepeitscht, ihm eine eiserne Kette unter dem einen Schlüsselbein durchgezogen und ihn so, nackt und bloß, unter höllischem Hohnlachen durch die Straßen der Stadt gezerrt, bis er endlich nach achttägigen Märtyrerqualen durch den Tod erlöst wurde. Mr. Watts-Jones, ein englischer Hauptmann, kam im Spätsommer 1900, ohne eine Ahnung von der Größe und Ausdehnung der chinesischen Wirren, nach Kuei hoa tsch`eng, nachdem er Se tschuan, Osttibet und Kan su durchreist hatte. Er wurde hier vom Dao tai zu einem Festessen eingeladen und dann im Ya men auf Befehl desselben Mannes meuchlings niedergeschossen.

Als ich in der Stadt weilte, war natürlich von all dem nichts mehr zu befürchten. Der Dao tai, der so viele Greuel mit seinem Gewissen hatte vereinbaren können, war 1901 auf die schwarze Liste gesetzt worden. Mein Essen in dem nahe gelegenen Sui yuan tsch`eng beim Tatarengeneral1) verlief durchaus programmäßig mit etwa dreißig Gängen. Es fehlte auch nicht zum Schluß die Versicherung von seiten der Exzellenz, daß er mir gar nichts geboten hätte. Es waren bei dem Mahl auch einige Offiziere anwesend, darunter der Kommandierende der Tu mu da tse, d. h. der Mongolen des Tumäd-Stammes. Die Tumäd sind, soweit sie sich noch nicht ganz mit den chinesischen Einwanderern verschmolzen haben, in verschiedenen Seitentälern, z. B. bei Horingkar (Ho ling ka ör ting) und auch westlich von Kuei hoa, angesiedelt. Sie bilden eine der seltenen Ausnahmen als ackerbautreibende Mongolen. Da sie einst dnn Mandschuren bei der Eroberung Chinas beigestanden hatten, genossen sie lange noch einige Vorrechte. Sie sprechen heute alle Chinesisch. Ihr Kommandierender aber war ein Mandschu, einen eigenen Fürsten haben sie längst nicht mehr.

Fast eine Woche war ich in Kuei hoa. Ich mußte dort meinen Maultiertreiber Kia zurücklassen, der aufs neue schwer erkrankt war. Ich war froh, daß er wenigstens bis zu meiner Abreise fieberfrei wurde und ich so die Hoffnung haben konnte, daß er, wenn er nun allein heimreiste, auch wirklich seine Ersparnisse nach Hause bringen könne. Auch Yang hatte mittlerweile krankheitshalber entlassen werden müssen. Für beide hatte ich hier Ersatzleute zu suchen. Der Maultiertreiber, von dem das Wohl und Wehe meiner Lasttiere abhing, wurde schließlich in einem Manne gefunden, für den ein höherer Offizier Bürge stand. Er sah aus wie ein Räuber, aber der Ya men stand ja dafür ein, daß er keiner sei. Er erhielt darauf einen Monat Vorschuß und verstand es

1) Derselbe ist in der Revolutionszeit 1911 ermordet worden.

89