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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0373 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 373 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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heute das Pech, in ein äußerst schwierig zu begehendes Gelände zu geraten. Wir querten zunächst das Wannental, dessen Rand wir eben noch am Tage zuvor erreicht hatten. Es war darin ein prächtiges Weideland, nur schade, daß es noch so winterlich anmutete und alles Gras gelb und tot dastand. Das Tal war auffallend gerade gestreckt und wie ein riesiger Trog geformt. Die in dasselbe einmündenden Seitenschluchten sind ohne jede Bedeutung und stehen in gar keinem Verhältnis zu den gewaltigen Ausmaßen des Haupttales. In der Mitte fanden wir nicht einmal die Spur eines Baches. Darum wird diese Gegend dem Grasreichtum zum Trotz nur vorübergehend von den Nomaden aufgesucht, denn auch die Tibeterinnen wollen ihr Wasser, gleich unseren Hausfrauen dicht vor dem Zelte haben, so spärlichen Gebrauch sie auch davon machen.

Weiter gegen Westen liegt in der Achse dieses Tales der Wayen oder Bayan nor, ein mehrere Quadratkilometer großer SüBwassersee, der keinen sichtbaren Abfluß zeigt, der jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach unterirdisch mit tiefer-hegenden Stellen weiter im Süden verbunden ist. Riesige Geröll- und Geschiebe-massen sind hier herum aufgehäuft; diese ermöglichen eine subterrane Wasserzirkulation. Die meisten größeren Talebenen verdanken bloß der Anhäufung solcher Massen ihre Form und Entstehung. Es kämen hier ganz andere Oberflächenformen heraus, wenn man das lockere Material wegräumen könnte.

Nach einigen Marschstunden bogen wir um eine Felsecke herum und die nächste der NW—SO streichenden Parallelketten lag nun zu meiner Linken. Zur Rechten aber tat sich mit einem Male ein Labyrinth von steilen und tiefen Schluchten auf. In Hunderten von Metern waren die Geröllschichten aufgerissen und es erwies sich als unmöglich, mit den Tieren diese Schluchten zu queren. Es fand sich auch eine dünne Lage Löß hier, die teilweise die groteskesten Formen angenommen hatte, die vom Regen zu unersteiglichen Mauern und schlanken Türmen umgestaltet war. Große Erdrutschungen, Bergstürze waren durch Unterwaschung entstanden. Das Gras stand auf dem Löß hoch und dicht. Nirgends gab es jedoch fließendes Wasser. Die häufigen Schneefälle des Frühjahrs ausnützend, lagerten einige tibetische Zeltgemeinschaften in den Winkeln zwischen den Lößmassen. Sie gehörten zu den Gomi-Tibetern. Am Tage vor unserer Ankunft war diesen ein Yak beim Grasen auf einem Steilhang ausgerutscht und hatte sich bei seinem Sturz in die Tiefe das Genick gebrochen. Die Besitzer waren arme Leute und der Verlust des Tieres traf sie sehr hart. Die Tibeter nützen jedoch das Fleisch verunglückter Tiere nie aus. Es hat Gott gefallen, die Tiere zu töten, sagen sie sich, darum ist es nicht recht vom Menschen, wenn er sich dieses Fleisch aneignet. Auch meine Mohammedaner wollten natürlich nichts von dem Fleische wissen, es war j a nicht koscher. Die Chinesen lachten dagegen über die dummen Tibeter, holten sich den halben Ochsen aus dem Loch herauf und kochten und brieten die ganze Nacht hindurch und die Soldatenesel hatten davon am folgenden Tag noch eine schwere Last auf ihrem Rücken. Trotz ihrer Armut zogen die Tibeter dem Tiere nicht einmal das Fell ab, sondern überließen auch dieses den Soldaten, obwohl die Yak-haut den siebenten Teil vom Werte des Tieres ausmachte.

Am 26. April ging es zunächst wieder auf dem nämlichen Wege zurück, dann südlich des Bayan nor nach Westen. Der See trägt mit vollem Recht das mongolische Epitheton bayan", d. i. der „reiche". Es gibt hier Gras in Hülle und Fülle und Tausende von Schafen und Rindern weideten in seiner

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