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0312 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 312 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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stellen, er darf aber seinen Laden und sein Geschäft nicht betreten. Viele

chinesische Ehemänner verreisen deshalb rasch, wenn eine Geburt in ihrer

Familie bevorsteht, um so den Verdacht der Unreinheit von sich abzuschütteln.

Nur wenige Tage nach meiner Rückkehr vom Kloster Gum bum starb mein

Hausherr, in dessen umfangreichem Gebäude ich den dritten und hintersten

Hof mit den daran liegenden Häuschen gemietet hatte. Gerade vor meinem

separaten Hoftore wurde der Tote in den folgenden Tagen aufgebahrt, und

dort gingen auch die verschiedenen Leichenzeremonien vor sich, so daß ich

die ganze Feierlichkeit mit aller Muße überschauen konnte. Die Familie des

Verstorbenen war nur leider erst vor wenigen Generationen aus Schen si ein-

gewandert, sie galt noch als fremd, war eine von „unten", wie man in Hsi ning

sagt. So waren nicht sehr viele Verwandte da, die Familie war auch nicht

reich, alles ging deshalb relativ einfach zu und man beeilte sich so viel wie

möglich. Immerhin waren die Umständlichkeiten nach unseren Begriffen ganz

enorm.

Der Mann war sehr alt geworden und dann rasch gestorben. Es war aber

den Angehörigen gerade noch geglückt, der guten Sitte zu genügen und dem

Sterbenden bei Lebzeiten die langen seidenen und wattierten Sterbekleider

anzuziehen, auch ihn von seinem Ofenbett weg auf eine kleine Pritsche zu legen

und in dem Mittelraum des Haupthauses aufzubahren, damit die Seele leichter

ihren Weg ins Freie finde. Die Söhne hatten sich also noch im letzten Augen-

blick als pietätvolle Kinder gezeigt. Dem Toten legte man gleich nach Ein-

tritt des Endes Geld in den Mund, damit er nicht stumm sei, wenn er wieder-

geboren werde, aber er wurde weder gewaschen, noch wurden ihm die Augen

zugedrückt. Wie vergessen lag er in den ersten Tagen in dem Sterbezimmer,

dessen Türen und Fenster weit offen standen. Tagsüber hörte ich nur öfter

den Namen des Mannes, sowie „Vater", „Großvater" rufen, und am ersten Abend

bewegte sich vom Sterbehaus aus ein langer Zug von taoistischen Priestern

mit vielen Laternen, mit Gong, Triangeln und Trommeln durch die Straßen

der Stadt und machte einen Höllenspektakel. Hinter diesen Priestern wurde

eine große Sänfte getragen, in der sich auf dem Sitz ein Brett mit dem Namen

des Verstorbenen befand. Nach dieser Sänfte kam noch ein Tisch mit allerlei

Opfergaben und dahinter wankten in gebückter Haltung, in den weißen, rohen

Trauerkleidern aus Hanf, von Freunden und Lohndienern gestützt, der Sohn

und der Enkel. Sie hatten noch immer nach dem „Gui", d. h. nach der Seele

des Verstorbenen, zu suchen. An allen Ecken und Kreuzwegen blieben sie

dazu stehen, riefen seinen Namen und suchten eifrig am Boden. Denn es ist

chinesische Vorstellung, daß der Tod eingetreten ist, weil die Seele den Körper

verlassen hat, und daß der Körper weiterzuleben vermöchte, wenn nur die

Seele, der „Gui", in ihn zurückkehren wollte oder zurückfinden könnte. Der

Gui wird höflichst eingeladen, wiederzukommen 1).

1) Ob allerdings „gui" (kwei) mit unserem Wort „Seele" zu übersetzen ist, dürfte sich fragen, denn die gewöhnliche Volksphilosophie in Kan su lehrt, ein Mensch habe drei „gui" und sieben „schen" (Geister). Von den drei „gui", die substantiell gedacht werden und zum Yin-Prinzip (s. S. 21, Anm. 1) gezählt werden, während die sieben „schen" immateriell sind und zum Yang-Prinzip gehören, bleibt der eine nach dem Tode bei den Knochen, der zweite haftet mit Hilfe der taoistischen Priester an dem Totentablette, das den Namen des Abgeschiedenen trägt. Diese beiden erlöschen mit

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