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0365 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 365 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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schen Gabelgewehr und zwei Revolvern, außerdem hatten wir noch zwei lange Lanzen und ein halbes Dutzend Schwerter mit. Zu jedem Gewehr waren einige hundert Schuß vorhanden.

Es war freilich eine ernste Sache, so viele Systeme und so viele Munitionsarten nebeneinander zu führen, doch machte sich dieser Übelstand nie unangenehm fühlbar, denn meine Leute kannten es nicht anders. Auch die Provinzialtruppen von Kan su haben die allerverschiedensten Systeme. Schlimm waren nur die Ladestörungen bei den alten Henry-Martini-Gewehren. Die Gewehre genügten vollkommen für den Zweck, aber die dazugehörigen Patronen stammten aus der Zeit, als man die Hülsen noch nicht aus einem Stück Metall herausstanzte, diese vielmehr aus einem dünnen Blechband zurechtrollte. Die Patronenkörper waren ungemein weich und schon nach wenigen Tagen derartig verbeult, daß keine mehr in einen Lauf gehen wollte. Mehr als einmal lag einer von uns auf einen Bären oder wilden Yakstier im Anschlag und formte sich nach dem ersten Schuß voll Verzweiflung seine im Jagdeifer verbeulten Patronenhülsen mit den Zähnen zurecht, um sie überhaupt in den Lauf schieben zu können. Solch einem Schützen zuzusehen, gehörte zum Spannendsten, was ich in Tibet erlebt habe !

Mein japanisches Militärgewehr war eine sehr gute Waffe, obwohl es schon viel durchgemacht hatte, ehe es in meine Hände gelangte. Ich hatte es im Kloster Gum bum einem Mongolen abgekauft, der berichtete, er habe es in der Mandschurei auf einem Schlachtfeld „gefunden". Auch meine deutschen Militärgewehre hatte ich erst im Innern erhandelt. Auch sie hatten sicherlich eine wechselvolle Lebensgeschichte hinter sich. Neben den deutschen Fabrik-und Regimentsstempeln trugen sie noch chinesische Zeichen, und ich habe sogar den dringenden Verdacht, daß sie von Deserteuren in den Handel gebracht worden sind. Ende der 1890er Jahre waren von Unterhändlern große Posten ausrangierter Militärgewehre, namentlich aus Süddeutschland, an die chinesischen Provinzen, deren Truppen immer nach dem Belieben des jeweiligen Gouverneurs bewaffnet wurden, verkauft worden. In den Arsenalen zu Lan tschou und Hsi Hing lagen Tausende von alten Mausergewehren aufgestapelt.

Aus diesen Beständen gelangen alljährlich einige Stücke in den Handel. Denn obwohl jeder chinesische Soldat enthauptet wurde, der ausriß und sein Gewehr

versilberte, ist dieses Kapitalverbrechen, zumal an den Grenzen, doch so sehr verbreitet, daß die Mandarine nur ausnahrrìsweise ihren Mannschaften diese Repetiergewehre in die Hand zu geben wagten, es vielmehr vorzogen, ihre Regimenter mit alten Vorderladern zu bewaffnen und auszubilden. Die wenigsten Soldaten sollten, nach Aussage ihrer Vorgesetzten, der Versuchung wider-

stehen können, bei der ersten günstigen Gelegenheit mitsamt ihrem Gewehr davonzulaufen. Sie bekamen leicht und jederzeit 80-100 Tael dafür bezahlt,

also ein Kapital, mit dem sie in einem abgelegenen Winkel ein Äckerchen pachten und ihr Ideal erreichen, d. i. eine Familie gründen konnten. Dies war auch der Grund, weshalb in der exponierten Garnison Schara khoto kein einziges

Repetiergewehr zu sehen war.

Doch kehren wir nach dieser Abschweifung zu meinem Aufbruch aus dem Tal von Schara khoto, der gelben Stadt, der Stadt der grünen Au, zurück.

Ein müheloser Anstieg brachte mich und meine Yakherden auf den oben erwähnten Bergsattel, auf die Wasserscheide zwischen dem Hoang ho, bzw. dem

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