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0128 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 128 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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alle hingerichtet, bis auf eine Frau, die in tiefe Ohnmacht gefallen war, als sie

Mitten in der Nacht wachte sie zitternd vor

ihren Mann niedersinken sah.

Frost wieder auf, alle Kleider hatte man ihr genommen, man hatte sie ja für tot gehalten, mutternackend lag sie da, im Mondschein, rings um sie Blut, die verstümmelten Leiber ihrer Freunde, ihres Mannes, ihres Kindes ! Von Entsetzen gepackt, floh die Ärmste wie wahnsinnig von der Richtstätte. Am Morgen fand sie sich am Ufer des Hoang ho, hilflos, verlassen und hungernd. Ein schmieriger, in ein paar Lappen gehüllter Bettler, der das am Ufer angeschwemmte Reisig nach etwas Brauchbarem durchsuchte, begegnete ihr dort. Sie wollte sich rasch im Gebüsch verstecken, doch der Mann hatte sie schon bemerkt und rief sie an : „Habe doch keine Angst, du scheinst noch ärmer als ich. Sei ruhig. Ich will für dich sorgen." Und wirklich, der Mann hielt sein Wort. Er brachte sie zu einer alten Frau in einen abgelegenen Hof. Dort lebte sie noch wochenlang, freilich die meiste Zeit krank, seelisch und körperlich. Schließlich wurde ihr Aufenthalt doch ruchbar der Or fu sandte Soldaten aus, und die erschlugen sie.

Nahe bei Sá la tschi, an der Straße nach Bau tu, sah ich einige Grabdenkmale protestantischer Missionare, Sühnegräber, die auf Befehl der Regierung errichtet worden waren. Es gibt in jenen Gegenden deren viele, die wenigsten aber enthalten die Gebeine der Märtyrer. Viele von den Ärmsten sind in den Bergen verhungert, haben geendet wie jene verhungerten Bauern, deren Leichen ich bei meiner Durchreise herumliegen sah, wie sie eben von Hunden und Geiern angefressen wurden.

40 km von Sá la tschi liegt die Stadt Bau tu, die vom Sá la tschi ting verwaltet wird, damals aber der Wohnplatz des neu errichteten Wu yuan ting war, dem eben erst ein Ya men eine kleine Tagereise weiter im Westen von Bau tu errichtet wurde.

Bei meinem Besuche verwaltete dieser sein Gebiet noch von der Ferne. Der Beamte, ein San fu (ein Präfekt dritter Ordnung = Unterpräfekt), erzählte mir, es sei eine sehr schlechte Bevölkerung in seinem Bezirk, er habe allein in dem letzten halben Monat zehn Räuber köpfen lassen müssen. Er erwartete, daß im Winter darauf etwa 4 Prozent der Bevölkerung der Stadt Hungers sterben würden. Man verteile wohl Brot und Kleider an die Armen, aber es könne nicht genug geschehen, es gebe stets zu viele Bedürftige. Die Stadt mochte etwa 40 000 Einwohner haben, die aber ebenso wie in den anderen Städten hier draußen größtenteils sehr fluktuierender Natur waren. Auch eine Altweiberanstalt gab es schon in dieser noch jungen Gemeinde. Es herrschte bei den Eingeborenen die Vorstellung, die Frauen der Fürsorgeanstalt, die bei Lebzeiten auf Kosten des Mandarins lebten, würden im Jenseits seine Pferde und Maultiere werden. Im Jenseits geht ja alles wie im Diesseits zu, wer hier Rangknöpfe und Ämter besitzt, hat sie auch drüben. Anderseits lehren die Buddhisten, daß auch Vergeltung sein müsse, und so werden die armen Frauen eben die Tiere des Mandarins. Die Chinesen denken in allem für uns sonderbar. Als ich dem Beamten in Bau tu meine Aufwartung machte, hing gerade der letzte von ihm Verurteilte als abschreckendes Beispiel im Käfig vor dem Tor seines Amtsgebäudes. Er war ein Räuber und Mörder gewesen, der zum Tod durch Erhängen verurteilt worden war, eine Todesart, welche den Chinesen ungleich weniger schlimm erscheint als das Köpfen. Die schwerste Strafe in

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