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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0413 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 413 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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bereich des Tschürnông tsc ü. Die Talformen waren breit und gerundet geworden. Man konnte wiederum von kleinen Talebenen sprechen. Hand in Hand mit der Erbreiterung hatte sich die Flora und Fauna verändert. Nur mehr eine niedere, kaum 5 cm hohe Grasnarbe deckte die Erde, und bei dem letzten meterhohen Busch war auch der Kuckuck zurückgeblieben. Dafür galoppierten in dem offenen Gelände Kyangrudel, die in den Schluchten unten nie zu sehen waren, und Spuren von Wildyak, von Ovis poli und dergleichen großen Wiederkäuern wurden bei jedem Schritte vorwärts häufiger. Viele riesige Yakschädel bleichten am Wege. An zahlreichen Tümpeln stolzierten gravitätisch Kraniche und watschelten Enten und Gänse.

Am B. Juni hatte es um vier Uhr morgens zu schneien begonnen und den ganzen Tag hatte das Schneetreiben angehalten, so daß wir nicht von der Stelle rückten. Die Wolken hingen bis ins Tal herein. Die Temperatur hielt sich um ± 0°. Es war ein äußerst ungemütliches Lager. Alle aber waren guter Dinge, weil es frisches Fleisch gab. Ich hatte mein erstes Kyang erlegt.

9. Juni. Wir brachen bei bedecktem Himmel sehr früh am Morgen auf. Langsam näherten wir uns um die Mittagszeit einem Passe. Das allerletzte Stück stieg etwas steiler an und machte viel Arbeit. Die Schwierigkeiten des Passes lagen jedoch nicht in der Höhe — oben maß ich 4370 m — auch nicht etwa in dem Böschungswinkel, sondern in dem alles überziehenden grundlosen Schlamm. Bei jedem Schritt sanken die Tiere bis an die Sprunggelenke in den sandig-kiesigen Grund, der sich voll Wasser gesogen hatte. Die Vegetation war nun ganz zurückgetreten. Da und dort wuchsen ein paar Polsterpflanzen, sonst gab es nur nackte Sande und eckige Steintrümmer.

Die Wasserscheide zwischen dem Hoang ho und dem abflußlosen Zentralasien war wieder einmal überschritten. Fromme Reisende hatten an der Stelle einen großen Steinhaufen zusammengetragen, ein Lab (r)tse aus lauter weißen Quarzbrocken errichtet und dessen Spitze mit mächtigen Wildyakschädeln gekrönt. Im Südosten vom Passe — wir hatten nur einem Tälchen zu folgen — lag zum Greifen nahe ein großer Seespiegel, der Merduch` ts` o der Tibeter 1) (Khara nor nach Roborowski). Es schien ein Kinderspiel, am gleichen Tag bis an sein Ufer zu gelangen, an dem von ferne schon ein grüner Hauch reichliches Futter für die Tiere versprach (Tafel LXVII). Aber so leicht der Weg für das Auge sich ausnahm, so schwer war er tiefer unten zurückzulegen. Auf dem gesamten Abfall bis in die Seeebene hinein setzte sich derselbe vegetationsarme Morast fort. Nur auf den schmalen Kyangwechseln versanken die Tiere nicht bis an den Leib im Schlamm. Schon allein die Entfernung in der Luftlinie vom Paß bis zum See hatte 10 km ergeben. Die Karawane aber mußte mühsame Umwege machen. Ständig waren einige Leute damit beschäftigt, steckengebliebene Tiere von ihren Lasten zu befreien, sie herauszuziehen und wieder zu beladen.

„Gung schi, gung schi ! — Wir gratulieren, wir gratulieren !" riefen die Leute, als wir am späten Nachmittag immer zwar noch weit vom See, aber doch endlich auf trockenem, festem Grund unser Lager 31 aufschlugen. „Du hast großes Glück, Herr, die Berggeister wollen dir nicht übel, du hast kein einziges Tier verloren!" Wir waren freilich auch vorsichtig zu Werke gegangen und hatten immer zwei Eklaireurs im Gelände vor uns. Die gute Stimmung hielt an, als

1) So oder Mergenduch` ts`o nannten ihn die Sidia-Tibeter.

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