国立情報学研究所 - ディジタル・シルクロード・プロジェクト
『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

> > > >
カラー New!IIIFカラー高解像度 白黒高解像度 PDF   日本語 English
0332 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 332 ページ(カラー画像)

New!引用情報

doi: 10.20676/00000264
引用形式選択: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR読み取り結果

 

 

~ 1 i

bedeckten Randbergen Tibets hinweg in die kahlen, gelben Lößhügel Chinas zurück, und nach einem nur einstündigen Ritte über LöBschluchten und LÖBbergsättel war schon nirgends mehr ein Fleckchen Schnee zu entdecken. Nur wo die Luft steil aufsteigen mußte, war es zu einem Niederschlag gekommen. Das Lößhügelland vor der tibetischen Hochlandschwelle wartete noch immer vergeblich seit vielen Monaten auf Schnee und Regen. Da wir eilig ritten, damit uns nicht zu guter Letzt das schwere, eisenbeschlagene Stadttor der chinesischen Grenzfeste Hsi ning fu vor der Nase zugeschlagen werde, so steckten wir den ganzen Tag in einer dicken Staubwolke, die von den hurtigen Füßchen unserer Ponys emporgewirbelt wurde. Nur sterile, niedere Hügel aus lößbedeckten, rötlichen Schotterschichten (100, 200 m höher als die Talböden) umgaben uns. Staubfarben , gelb , graugelb und blendend schimmerte in der grellen Gebirgssonne unsere Umgebung. Ich haßte diese Lößlandschaften und ich atmete auf, als endlich am Abend das klotzige Bollwerk mit den mächtig langen Zinnenreihen, als die Stadt Hsi Hing fu, dieser jahrtausendalte Stützpunkt chinesischer Macht an der Grenze der ewig unruhigen tibetischen Bergvölker, vor mir auftauchte.

Gerade als ich an der Spitze meiner stattlichen Dienerschar mit allen meinen Maultieren, Pferden und Hunden durch das riesenhafte Westtor und die engen kotigen Gassen der Stadt trabte, hatten sich noch andere Gäste, die aber fern aus dem Tiefland Chinas heraufgekommen waren, daselbst eingestellt, eine Schar, die schneller gereist war als wir und die trotzdem nicht müde vom weiten Wege aus Freude an dem herrlich strahlenden Sonnenuntergang zum Schlusse ihrer Fahrt weitausgreifende Bögen über der Chinesenstadt beschrieb. Hunderte von mächtigen braunen Milanen waren angekommen, die jetzt in stolzen Kreisen durcheinanderschwebten. Sie riefen den Menschen das Nahen des Frühlings mit heiserem Pfeifen zu.

Jetzt war es wirklich Zeit, ernstlich die Sommerkampagne vorzubereiten. Jetzt mußte doch auch bald droben auf den kalten Hochsteppen Tibets das ersehnte Grün erscheinen, das mir zum Gelingen meiner Reisepläne so notwendig war, das mir die fernen großen Probleme lösen helfen sollte.

Früh am anderen Morgen begann ich mit den neuen Vorbereitungen. Jetzt

fing eigentlich erst meine große Reise an, jetzt sollte es für lange Zeit ins „Ts`ao ti" gehen, in das große „Grasland", wie man in Hsi ning allgemein Tibet und seine unendlichen Hochsteppen nennt. Wieder gab es für mich zunächst ein tagelanges Feilschen mit Getreide- und Erbsenhändlern, mit Müllern und Makkaronibäckern. Ich kaufte Lebensmittel, Tauschartikel, Geräte und Werkzeuge ein, die mir und zehn Begleitern ein ganzes Jahr ausreichen sollten.

Was die Ausrüstung unendlich erschwerte, war die Kleinlichkeit des chinesi-

schen Handels. In Hsi ning fu sind gar keine großen Kaufleute ansässig. Es ist eine Beamten- und keine Handelsstadt. Niemand konnte eine größere Bestellung ausführen. Es mußte alles kleinweise von mir zusammengekauft und mit einer ganzen Anzahl von Lieferanten abgeschlossen werden, und allen diesen fehlte natürlich gänzlich der Begriff, daß Zeit Geld ist. Keiner zeigte etwas von dem großzügigen spekulativen Sinn, den wir an den Küstenchinesen gewohnt sind. Es ist ein schwerfälliges Bauernvolk droben in der reichen Kornkammer des Hsi ning-Tales. Mit plumper Bauernschläue, mit tausend kleinlichen Künsten und Kniffen suchten sie so viel wie möglich für sich herauszu-

258