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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0056 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 56 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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sie wie gewöhnlich nur aus einem mit einem papierenen Regenschirm bewaffneten Jüngling besteht, das Zeichen, daß der Fremde das Recht hat, im Lande zu reisen. Sie gibt das Ansehen, das „Gesicht", wie man sich in China ausdrückt. Der begleitende Soldat kennt zwar meist nicht einmal den Weg, aber er hat auf seiner farbigen Bluse in der Mitte vorn und hinten je einen großen stempelartigen Fleck mit der Aufschrift, wem er gehört, und dieser Stempel bürgt für den Frieden. Trotzdem nun die Grenze zwischen den Provinzen Ho nan und Hu pe wegen ihrer Räuber berüchtigt ist und gerade hier ein schwungvoller Salzschmuggel 1) viel Gesindel anlockt, hatte mir der Mandarin von Kün tschou erwidern lassen, er habe überhaupt keine Soldaten, ich solle allein gehen. Kein Wunder wurde ich schon im ersten Nachtquartier hinter der Stadt mit dem Rufe geweckt: „Herr, wir sind bestohlen worden!" Ich hatte mit Ma im Hauptraum einer ländlichen Gaststube in einem strohgedeckten Lehmhause auf dem Kang geschlafen. Der Wirt war mit zwei anderen Männern im Nebenraum geblieben. In der ersten Morgenfrühe wurde nun entdeckt, daß Geld und einige unwichtigere Gegenstände, vor allem aber mein kostbares, hier unersetzliches Aßmannsches Aspirationspsychrometer, sowie ein Siedethermometer, die ich beide am Abend vorher noch benutzt hatte, fehlten. Ein Dieb hatte sich in der Nacht ein enges Loch unter der Lehmmauer gegraben, so eng und schmal, daß ich erst lange nicht an die Möglichkeit glauben konnte, daß überhaupt ein Mensch sich da hindurchzwängen könne. Der Verlust der Instrumente brachte mich nun in große Schwierigkeiten. Schon vorher litt mein Instrumentarium darunter, daß ich nicht direkt von Hause, sondern sozusagen von Schanghai aus aufgebrochen war, wo für derartige Sachen natürlich kein Markt ist.

Ich hoffte erst, der Wirt werde mir helfen, denn nach chinesischem Gebrauch und Gesetz ist ein Wirt für die Verluste seiner Gäste so lange verantwortlich, als die Türen am Morgen noch nicht geöffnet sind. Ich setzte also einen Preis von 50 Unzen (etwa 150 Mark) in Silber aus, und als die Leute mich ungläubig anstarrten, wog ich die Summe ab und legte sie auf den Tisch. Erst kam nun der Wirt, dann ein anderer Mann mit seiner Wage und wog genau und umständlich die Silberstücke nach, untersuchte sie auf ihre Güte und fragte nach den Bedingungen für die Auslieferung. Dann verschwanden sie. Gäste, Reisende kamen und gingen, nur die Frau des Wirtes war noch da und trug Tee und gepreßte Bohnenkuchen auf, die hierzulande eine Hauptspeise der Chinesen bilden. Ungeduldig sandte ich nach dem Dorfvorsteher, denn jedes kleinste Dörfchen hat in China fast wie bei uns seinen Schultheißen, der dort halbjährlich, manchmal jährlich wechselt, was ganz unter den Familien selbst ausgemacht wird. Der von diesem Ort ließ sich verleugnen. Es gebe keinen, hieß es erst lange ; er sei über Land gegangen, erfuhr ich etwas später; er sei blind, er sei taub, er wolle nicht kommen; und der Wirt, erfuhr ich allmählich, der hatte einen Acker droben an einem hohen Berg, den mußte er heute pflügen, er habe sich dieses Jahr damit verspätet. Und wer mir jeweils eine solche Neuigkeit brachte, der teilte sie mir mit dem gewinnendsten Lächeln mit : „Bitte, setze dich ! Trink Tee mit uns ! Hast du schon deinen Morgenreis

1) Wo in China Salz teuer ist, hat die Regierung den Handel damit seit Jahrhunderten monopolisiert.

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