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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0118 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 118 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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uns noch in allen Richtungen große Beobachtungstürme (Signale, Landmarken aus Löß, Dun tai) in die Augen. Auf jeder etwas vorstehenden Anhöhe und an den Straßenzügen entlang alle 5 Li stehen sie, 6-10 m hoch, viereckig, mit einem kleinen Wall umgeben, ganz massiv, frühere Fanalstationen, die so rasch wie möglich anreitende feindliche Heerscharen in die Hauptquartiere zu melden hatten. Zahllos sind diese Türme und „Blockhäuser" auch noch hinter So tschou 1).

Die Gegend — ich zog jetzt nach Nordwesten weiter — ist kahl und öde. Es gibt nicht sehr viele Dörfer, aber viele alte Befestigungen. Ein riesiges Lager, mehr als fünfzehnmal so groß wie die Saalburg im Taunus und mit doppelt so hohen Mauern, ist der sonst ganz unbedeutende Ort Tsing ping, den ich 60 Li hinter So tschou erreichte. Er gehört einer Kastellreihe an, die sich innerhalb des äußeren Zweiges der großen Mauer hinzieht.

Ich mußte dort meinen Schlafraum mit einem reichen chinesischen Kaufmann teilen. Es gab eben wenig Auswahl in dem kleinen Ort, denn auch in Tsing ping sind heute die meisten Häuser zerfallen. Das Unangenehme bei diesem Zusammenwohnen war nun, daß der Herr in einem großen hölzernen Sarge lag. Er war nämlich draußen in der Mongolei schon ein halbes Jahr zuvor gestorben und befand sich j etzt auf der Rückreise heim nach Ho nan. Der Sarg hätte mich noch wenig geniert, wenn sein Inhalt in der heißen schwülen Sommernacht auch etwas auf die Geruchnerven fiel, aber alle Augenblicke glitt während der Nacht der große weiße Hahn von dem Sargdeckel herunter und zappelte dann so verzweifelt an dem Strick, mit dem er an den Sarg gefesselt war, daß ich immer wieder aufstehen mußte, um das arme Tier an seinen Platz zurückzubringen. Gerne hätte ich das Tier befreit, aber es wäre ein zu großer Skandal gewesen. Ein weißer Hahn fehlt j a in China auf keinem Sarge. Er hat die schlechten Einflüsse und bösen Geister abzuhalten, denn er ist das Symbol des Guten und Lichten (Yang s. S. 21 Anm.). Auch in der Sonne ist ein Hahn, so erzählten mir viele Chinesen, wie im Mond ein Hase sitzt, den man ja in jeder klaren Mondnacht sehen kann. Mein gefiederter Zimmergenosse muß damals einen harten Kampf mit den Geistern gehabt haben oder, was auch leicht möglich ist, er war betrunken. Ich habe öfters gesehen, daß die Chinesen dem Hahn auf einem Sarg Alkohol eingossen; warum, konnte ich leider nie herausbringen. „Das macht man eben so," bekam ich stets auf meine Frage zur Antwort. Kurz nach Mitternacht begann die gute Seele dann trotz des mißlichen Sitzplatzes die Stunden auszurufen. Ich wurde darum für meine Diener ein unangenehmer Frühaufsteher, so daß sie künftig doppelt eifrig nach einem ruhigen Zimmer für ihren Herrn ausschauten.

Obwohl ich nun auf größeren Straßen reiste hielt es doch auch hier immer

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sehr schwer, das nötige Kleingeld einzuwechseln, mit dem die täglichen Ausgaben beglichen, Stroh- und andere Einkäufe besorgt wurden. Das chinesische Volk rechnet noch heute alles nach den Kupfercash. Altchina besaß höchstens eine Kupferwährung. Nur Kupfer wurde bis vor kurzem in China gemünzt. Der

1) Nachdem der Rebellenoffizier Tschu yüan tschang, der nachmalige Kaiser Tai tsu und Begründer der Ming-Dynastie die Mongolen vom Jahre 1353 bis 1368 Schritt für Schritt aus China hinausgeworfen hatte, war die Kraft der Mongolen doch noch so wenig gebrochen, daß man 1424 wieder an die Erneuerung der jahrhundertelang vernachlässigten großen Mauer zur Abwehr ihrer Eroberungszüge ging. Der mongolische König Yen ta [mongol. •. Altan Gegen Khan (1532-1583)] machte noch Einfälle, die ihn wiederholt nach Tai yüan fu und vor Peking führten.

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