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0313 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 313 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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Am dritten Tag wurde die Leiche in den Sarg gelegt, der über 2 m lang und aus 21/2 Zoll dicken Bohlen gefertigt war. Der Sarg war wie das Sterbegewand des Alten schon viele Jahre zuvor gekauft und in einem Winkel des Hauses aufbewahrt worden. Die Füße wurden dem Toten zusammengebunden, sein Kopf auf einen Ziegelstein gelegt. Jeden Tag versammelten sich jetzt nach Sonnenaufgang alle Angehörigen der Familie mit ihren Frauen für eine halbe Stunde in dem Sterbezimmer um den Sarg und heulten laut, so daß es die ganze Nachbarschaft hören mußte. Dabei wurden auf einem mit einem weißen Tuch bedeckten Tisch vor dem Sarg Tee und Süßigkeiten bereitgestellt, Schnaps ausgeschüttet und Kerzen und Weihrauch angezündet. Am Ende der halben Stunde brach man ebenso plötzlich, wie man begonnen hatte, mit dem Heulen und Wehklagen ab, die Tränen trockneten und man ging wieder an sein Geschäft oder ans Essen, um erst 24 Stunden später weiterzuheulen.

Am sechsten Tag kamen aufs neue die taoistischen Priester in das Haus und schlugen Zelte und Baldachine im Hofe, vor meiner Türe auf 1). Musiker erschienen und auch Köche, die für die vielen, ihr Beileid bezeigenden Verwandten und Gäste zu kochen hatten. Von den Priestern war mittlerweile ein Reisepaß für das Totenreich, eine schriftliche Lobrede auf grauem Papier, ausgestellt worden, und dieser wurde nun dem Verstorbenen in die Geisterwelt nachgesandt, d. h. er wurde unter mancherlei Anrufungen verbrannt. Auch wurden einige halblebensgroße Diener aus Papier, dazu große, aus Papier verfertigte Silberstücke und viel Kupfergeld, das gleichfalls aus Papier heraus-gestanzt war, verbrannt, so daß der Tote eine ganz gute Aussteuer mitbekam 2).

Drei Tage lang dauerte das Rezitieren und monotone Hersingen von Gebeten und Anrufungen, wobei der leitende Priester, der in einem gelben, mit blauen Drachen bestickten Gewande erschien, bei jedem Wort auf einen „Fischkopf", eine hohle, mit einem Schlitz versehene Holzkugel schlug und seine Begleiter mit Gong, Glocken und Trommeln einen ohrenbetäubenden Lärm

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der Zeit. Der dritte „gui" soll allein unsterblich sein. Er wird auch von den Chinesen buddhistisch verwendet, hat die Hölle zu passieren und wird später unter Umständen wiedergeboren. Da aber viele Chinesen nichts von der buddhistischen Lehre der Wiedergeburt wissen, so wird oft behauptet, diese dritte Seele lebe unsichtbar mit der Familie weiter; sie „spukt", sie kann den Lebenden schaden oder auch nützen.

  1. Buddhistische Priester sah ich die Chinesen Nordwestchinas hierzu nicht verwenden. Lamapriester werden höchstens an Orten gebraucht, wo die Chinesen mit Tibetern untermischt wohnen. Die Stadt Hsi ning fu ist aber eine chinesische Stadt, in der außer Chinesen nur einige wenige Mandschuren und Tu ren leben.

  2. De Groot, The religious system of China, Bd. I, S. 80, berichtet von der überwiegend buddhistischen Provinz Fu kien in Südchina, daß dort die Chinesen annehmen, durch jede Geburt werde eine arme Seele aus dem Hades befreit. Die Seelen hätten dort immer erst ein großes Lösegeld an den Totengott und dessen Schergen zu bezahlen, ehe sie loskommen könnten. Um diese Summe bezahlen zu können, müßten die Seelen bei anderen Seelen Geld pumpen, und deshalb würde die Seele eines jeden Abgeschiedenen, sowie sie wieder in den Hades zurückkehre, von ihren alten Gläubigern gedrängt, die alten Schulden einzulösen, denn diese seien auch bestrebt, das Lösegeld zusammenzubringen, um wieder so rasch wie möglich auf die Erde zurückkehren zu können. Auch herrscht die Vorstellung, daß es besonders nützlich sei, gleich Kupfergeld mitzusenden, weil ja natürlich eine eben von der Erde zurückkehrende arme Seele den Kurs des Hadeskupfergeldes nicht wisse und deshalb von den dortigen Wechslern erst betrogen werde und nur mit großem Verlust gewechselt bekomme! Das gibt tiefe Einblicke in das chinesische Volksempfinden.

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