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0240 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 240 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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hr

getrieben hatte. Bald zerstreuten sie sich wieder und lösten sich auf wie ein Nebel-

fleck. Und wunderbar hell, in klarem, rötlichblauem Lichte begrenzte meinen

Blick ein Zug von schneeigen Höhen, der schon viele Tagereisen weit entfernt

lag. Viele breite Steppentäler und Steppenberge, alle NW—SO ziehend mit

zahllosen Felsecken, mit Kuppen und Gipfelreihen, trennten uns davon. Von dem

großartigen Panorama vor mir versuchte ich vergeblich, ein Bild als Erinnerung

mitzunehmen. Umsonst stellte ich die Kamera auf. Die Photographie vermag

das Unermeßliche nicht wiederzugeben. Sie liefert höchstens einen häßlichen

Abklatsch, eine Karikatur. Die photographische Platte vermag uns nicht aus

eigener Kraft von Tibet zu erzählen ; man muß wissen, was jedes Pünktchen

auf ihr in Wirklichkeit bedeutet, man muß es leben sehen.

Am Nachmittag war es windstill und die Sonne strahlte in diesen Höhen

von 3000 m mit voller Kraft. Meine Leute hockten um den Teekessel und ließen

bald nach dem Schafpelz Nr. 1 auch ihren Schafpelz Nr. 2 von den Schultern

gleiten. Halbnackt saßen die tiefgebräunten Gestalten da und fingen mit Brust

und Rücken die Sonnenstrahlen auf. Kaum war aber am Abend, so gegen 5 Uhr,

die Sonne verschwunden, so ward es bitter kalt, der Schnee knirschte und pfiff

unter jedem Tritt. Alles Hauchen wollte nicht helfen; die Tinte in der Feder

gefror schon auf dem Wege von dem Tintenzeug, das ich über meiner Kerze

erwärmte, bis zu dem Schreibpapier. Und doch weiß j eder, der in unwirtlichen

Gegenden gereist ist, daß, was man nicht gleich am Abend ins reine geschrieben

hat, später nur schwer mehr nachzuholen ist, denn neue und immer neue Ein-

drücke stürmen auf den Reisenden ein. Unter dem Alltäglichen, unter den

Sorgen der Verwaltung, unter Kleinigkeiten, die aber am Tage selber doch

wichtig sind, wird das Wesentliche, um dessentwillen man reist, nur zu leicht

verdeckt und vergessen.

In meinem Zelte sitzend, erlauschte ich in dieser ersten Nacht durch die

dünne Kanevaswand eine lange Beratung meiner Diener, welche mir die Stim-

mung solcher tibetischer Reisenächte vollenden half.

So freundlich mich die Mönche von Gomba soma bewirtet, sie hatten es

nicht unterlassen können, meine chinesischen Begleiter in große Unruhe und

Sorge zu versetzen. Sie hatten ihnen erklärt und, wie es scheint, um ihren Worten

mehr Nachdruck zu verleihen, auch : durch ein rasch befragtes Orakel noch

fester bewiesen, daß meine Expedition unglücklich enden würde. Das Orakel

lautete : „Sieben Menschen werden Unglück haben !" Wir waren nun sieben

Menschen mit dem Hsië dia zusammen, und die Lamas hatten behauptet, wenn

ich als Ungläubiger ein Loch in das Eis des Kuku nor schlüge, um die Tiefe

des Sees zu ergründen, so würden die Götter darob erzürnen, das Eis mit einem

Male zerrinnen lassen und nicht bloß ich, sondern auch alle meine Begleiter

würden elendiglich umkommen. Es sei dann aber auch keine Möglichkeit mehr,

zu den Mönchen auf die heilige Insel, die in der Mitte des Sees liegt, zu gelangen,

die Pilger könnten nicht mehr ihr Ziel erreichen und die Mönche auf der heiligen

Insel müßten während des kommenden Sommers langsam verhungern, weil

ihnen niemand mehr Essen bringen könne. Schon das Jahr vorher sei der See um

die Insel herum nicht zugegangen und niemand auf die Insel gekommen. Um also

den Mönchen auf der Insel zu helfen, hatten die von Gomba soma meine Leute

aufgefordert, auszureißen oder zu streiken. Dies wurde nun des langen und

breiten bis in die tiefe Nacht hinein im Flüsterton am Lagerfeuer verhandelt.

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