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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0266 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 266 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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wir uns wieder unter der Türe. Trotz der zweifelhaften Aufnahme war ich glückselig, denn was wollte ich mehr als eine kleine Eskorte für meine weiteren Reisen. Ich vertraute damals noch den Worten der höher gestellten mandschurischen Beamten, die mich allesamt freundlich empfangen und behandelt hatten, und dachte noch das Beste von dem Amban, zumal, da er meine Neujahrsgeschenke mit einem großen und kostbaren Essen erwidert hatte, das er allerdings in meinem Gasthause hatte servieren lassen. Es ist dies aber in China eine nicht ungewöhnliche Sitte. Man verschenkt ja dort in größeren Städten auch oft „Bons" für ein Diner zu vier oder acht Personen, die auf irgend ein Kochgeschäft ausgestellt sind. Solche Bons kann man ungeniert wieder weiter verschenken, und es mag vorkommen, daß erst die zehnte Hand, in die der Bon kommt, ein Mann, der den ersten, den bezahlenden Stifter, gar nicht kennt, sich endlich das Essen wirklich schmecken läßt.

Am 5. Neujahrstage kurz nach Sonnenaufgang holte der General mit allen Offizieren der Stadt den Gott der Vergnügungen. In einem Tempel vor dem Osttor war eine Staatssänfte aufgestellt, die das Schriftzeichen „Si" (Vergnügen) trug. Vor diesem Buchstaben, der über 1 m hoch war, fielen der General und seine Begleiter im Straßenstaub auf die Knie und machten dreimal den Ko tou. Später wurde der Buchstabe auf seiner Sänfte in feierlichem Zuge nach der Stadt gebracht und dann im Ya men des Generals aufgestellt. Dort verbleibt er das Jahr über und bürgt dafür, daß auch im beginnenden Jahre an Vergnügungen und Theateraufführungen aller Art in der Stadt kein Mangel sein werde.

Am 10. Tage des neuen Jahres wurde das sogenannte Frühlingsfest in Hsi ning fu gefeiert. Kaum war an jenem Tage die Sonne aufgegangen, so waren alle Straßen, die zum Osttor führten, dicht gedrängt voll Menschen. Von weit her strömten die chinesischen Bauern mit ihren Frauen und Kindern nach der Stadt. Alle Dächer in der Hauptstraße saßen voll von weißgeschminkten Vertreterinnen des schönen Geschlechts. Und Familienväter, die unten auf der Straße standen, boten diesen von Zeit zu Zeit Süßigkeiten und Erfrischungen hinauf. Da es in Hsi ning fu nur einstockige und dazu niedere Häuser gibt, so war dies nicht allzu schwierig. In feierlichem Zuge begaben sich gegen 8 Uhr morgens der Präfekt (fu) und der Unterpräfekt (hsien) zu einem Tempel vor dem Osttor, wo sie dem Drachen') und dem Rind und der Göttin der Erde ihre Verehrung bezeigten. Dann ging es mit ebensoviel Pomp nach Hause. Voran marschierten ein Löwe aus buntem Papier und Stoff, und ein Mann, der mit einer Sonne ( Yang) hin und her tanzte, dann folgten zwei Drachen, die mit dem Maule schnappten (Tafel XLV). Jeder der Drachenleiber war von zwölf Männern dargestellt, die hintereinander herzogen. Hinter dem Drachen ritten die Kavalleristen des Amban, ihren halbzerbrochenen und verbeulten Posaunen schauerliche Töne entlockend, die sicherlich auch Jerichos Mauern zu Fall gebracht hätten. Zwanzig Reiter trugen ungeheure bunte Fahnen , die Roß und Mann fast unter sich verschwinden ließen (Tafel XLVI). Dann kamen

1) De Groot, Fêtes annuelles d'Emoui (Paris 1886, Bd. I, S. 361) : „Le dragon est le symbol de la pluie, de la fécondité et même de la dignité impériale." — Bei meiner Reise durch Hu pe sah ich zu Ende des I. chinesischen Monats Drachenprozessionen durch die Felder ziehen, um ein fruchtbares Jahr zu erwirken.

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