国立情報学研究所 - ディジタル・シルクロード・プロジェクト
『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

> > > >
カラー New!IIIFカラー高解像度 白黒高解像度 PDF グラフィック   日本語 English
0424 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 424 ページ(カラー画像)

New!引用情報

doi: 10.20676/00000264
引用形式選択: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR読み取り結果

 

plötzlich der Ruf der Lagerwache : „Fan tse! Fan tse!" Wie einst Graf Eberhard der Rauschebart Leibrock, Mantel und Schwert, so erwischte ich schleunigst meine Pelzjacke und meinen treuen Eckart „Modell 89, Kaliber 7,9 mm", und eilte durch den hüfttiefen, eiskalten Bach und auf einem Wegchen, „nur Geißen klettern dort", zum Zelte. Zum Glück war es nur halbblinder Lärm. Eine

Gesellschaft von acht bis zehn Tibetern war, ohne uns zu bemerken, das Tal heraufgekommen und vorbeigeritten, ahnungslos, daß wir miteinander soeben eine asiatische Kopie zu einer Uhlandschen Ballade geliefert hatten.

Meine botanische Sammlung, sowie mein Speisezettel erfuhren an den heißen Quellen willkommene Bereicherung. Die Grasflächen waren bedeckt von Blumen. Hasen und Murmeltiere, die weiter oben gefehlt hatten, stellten sich hier wieder ein, und W an fischte mir in dem Bach einige Barschen ähnelnde Fische. In der zweiten Nacht unseres Aufenthaltes trat wieder nach heftigen Gewittern Schneefall ein. Bei Tagesanbruch lag der Schnee 10 cm hoch ums Zelt. Seit vielen Tagen war zum erstenmal der Morgen klar, und trotz unserer verhältnismäßig niederen Lage zeigte das Thermometer — 6 °. Vom wolkenlosen Himmel strahlte die Sonne auf eine glitzernde Winterlandschaft (Tafel LXXIII). Zum Glück für meine Tiere machte sie aber der weißen Pracht rasch den Garaus. In kürzester Frist war der Schnee, ohne Tauwasser zu bilden, verdunstet, noch ehe das Thermometer eine Lufttemperatur von 0 ° anzeigte.

Während des letzten Ruhetages in unserem Badeort machte ich einen Jagdzug in die Felsberge weiter im Westen. Wir kamen in einem Joch bis auf eine Höhe von 4800 m. Ich hatte von dort einen prachtvollen Rundblick, erlegte jedoch nur einige Hühner in der Art und Größe unseres Birkhuhns. Auf dem Joch oben lagen große Mengen von Wildyaklosung. Immer die zugigsten und kältesten Orte sucht sich das schöne Wildbret zum Nachtlager aus. Als wir am Abend ins Lager ritten, galoppierten lange Linien von Kyangrudeln, unzählbare Hunderte, das Tal herauf an uns vorüber. Es waren die Stücke, die wir auf unserem Vormarsche in das Tal hinabgetrieben hatten. Sie kehrten nun, die felsigen Berghänge peinlich meidend, auf ihre grasarmen Hochebenen zurück.

Auf der schönen Weide waren die Karawanentiere sehr munter geworden und rasch ging es nach den Ruhetagen das Tsaghan usse-Tal hinab. Schon im nächsten Lager hatten wir die Zone der niederen Holzgewächse erreicht. Zu meinem Kummer sah ich aber das Gras nicht besser, sondern immer schlechter und härter werden, je näher wir Ts`aidam rückten. Das harte Ts`aidamgras, die Cobresia Thibetica, nahm immer mehr überhand (Tafel LXXII). Es fehlten auch zunächst wieder jegliche Spuren einer früheren Besiedlung. Erst am vierten

Tage stießen wir auf verlassene Weideplätze und kurz darauf auf Nomadenzelte. Wir waren in das Gebiet des Moch` tschün- Stammes geraten, zu Tibetern, die zu dem großen Volk der Wanschdäch` gehören. Die Moch` tschün sind nur dreißig Familien stark, und obwohl sie ein großes Land besitzen und trotzdem sie dies nie geschlossen, sondern zerstreut in Gruppen zu vier bis sechs Familien besiedeln, müssen sie doch alle vierzehn Tage ihre Lagerplätze wechseln, weil das Weideland allzu dürftig ist. Alles wies darauf hin, daß wir uns mehr und mehr aus dem Bereich des Sommermonsuns entfernt hatten und daß wir uns am Rande des trockenen Zentralasiens befanden. Die Regengüsse wurden seltener und weniger ausgiebig. Die kleineren Seitenschluchten waren trocken in ihrem

334