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0284 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 284 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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Sandelholzbaum, der aber in Wirklichkeit einer Syringenart angehört. Auf seinen Blättern sollen, wie ja an Bäumen vieler anderer Wallfahrtsorte der ganzen Welt, bald Heiligenbilder, bald heilige Schriftzeichen entstehen. „Wer gläubig ist, der sieht das Wunder," sagten mir einige Mönche. „Da du nicht unserer Religion angehörst, wirst du es wohl nie sehen." Ich habe viele Blätter zu Gesicht bekommen, alte getrocknete, die mir die Mönche um teures Geld als Arznei verkauften, und ein anderes Mal auch junge frische Blätter am Baume selbst, aber das Wunder habe ich nie gesehen. Andere Mönche sagten mir, es sei auf den Blättern seit Jahren nichts mehr zu sehen, die Welt werde eben immer schlechter. Nur Abbé Huc will im Jahre 1845 ein Gebet darauf gelesen haben.

Neben dem kleinen „Tsandan-Baumtempel", mit dem Rücken gegen den Platz mit den acht Tschorten, mit einem geräumigen Vorhof und gleichfalls in einem Garten, steht der Gung kang Tschüs dyong 1), in den die Mönche nur widerwillig einen, der nicht ihresgleichen ist, und den sie nicht genau kennen, hineinlassen 2), denn es ist der Tempel des Tschüs dyong, des Hüters der Moral und des Glaubens 3), des schrecklichen Gottes, „der nur zu leicht in Zorn gerät und dann in blinder Wut Krankheiten und fürchterliche Leiden auf die Menschen hetzt, der vor allem die Frauen nicht leiden und nicht riechen mag". Nie und nimmer darf deshalb eine Frau einen Tempel dieses Gottes betreten. Laien, Männern, die mit einer Frau zusammen waren, riecht es der schreckliche Gott sogleich an, was sie taten. Er wird diese sicher mit den schlimmsten Krankheiten plagen, wenn sie versuchen, sein Heiligtum zu besuchen, und es dadurch entheiligen. Für die Laien ist deshalb ein Vorhof da, in dem sie ihren Ko tou machen und auch Geschenke darbringen können, ohne dem Gotte zu nahe zu kommen.

Ein eigenes Heiligtum der Klasse der Tschüs dyong-Götter hat jedes größere Kloster in Tibet. Der Kult derselben ist einer der wichtigsten im lamaistischen Buddhismus geworden. Das Gung kang-Gebäude ist in Gum bum nach Westen gerichtet — in vielen Klöstern hat es eine andere Orientierung als die der eigentlichen Buddhatempel — es enthält einen großen, durch zwei Stockwerke gehenden Raum, der nur wenig Sonnenlicht durch die Türe und durch einige kleine offene Luken erhält. Bei Tag und Nacht müssen deshalb Butterlampen, Dochte, die auf riesigen, mit Butter gefüllten Becken schwimmen, im Inneren des Tempels brennen, die düstere, magische Stimmung erhöhend. An die schwere kupfergetriebene Türe, an die Mauern und an alle Dachsparren sind außen grausige Bilder gemalt, Tausende von menschlichen Totenköpfen darstellend, blutrünstige Menschenhäute, Gehirnmassen und was nur die wildeste und barbarischste Phantasie an Torturen und Höllenqualen erfinden kann. Im Inneren sind überall mit Stroh ausgestopfte Tierhäute, Tiger, Bären, Wildyak, Hirsche, Wölfe und viele Hunde, aufgestellt. Aus allen Ecken glotzen die unförmlichsten

  1. Go kang tschos skyong; wörtlich: „Arsenal des Hüters der Religion".

  2. Filchner, Das Kloster Kum bum, sog. Bd. 1 der wissenschaftlichen Ergebnisse, Berlin 1906, nennt dieses Gebäude unverständlicherweise den „Blumentempel".

  3. Hu hoa ( = Beschützer der Lehre) nennen die Hsi ning-Chinesen diese Götterklasse und danach heißt auch der Gung kang chinesisch Hu hoa miao oder Tempel

der Beschützer der Lehre. Schon in Sanskrit heißen sie Dharma pala = Beschützer der Lehre.

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