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『東洋文庫所蔵』貴重書デジタルアーカイブ

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0211 Meine Tibetreise : vol.1
私のチベット旅行 : vol.1
Meine Tibetreise : vol.1 / 211 ページ(カラー画像)

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doi: 10.20676/00000264
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erstaunlich. Als ich mich der Stadt Ho tschou selber näherte, glaubte ich mich in einem mohammedanischen Lande. Von vielen Minaretts herab riefen die Muezzin zum Gebet. Gut ausgesprochene arabische Laute klangen an mein Ohr ; zahlreiche alte Moscheen [dscha mu (arab.-chin.)] standen zwischen schönen Baum- gruppen und viele bärtige Mollah ohne jeden Zopf bewegten sich in der Menge.

Die Stadt Hol) tschou besteht heute in der Hauptsache aus dem Nan kwan, der Südvorstadt. Dort sind die Moscheen, sind die großen mohammedanischen Kaufhäuser gelegen. Die eigentliche Stadt Ho tschou dagegen ist rein chinesisch. Bei Todesstrafe ist es den Mohammedanern verboten, im Inneren zu wohnen. Auf der Stadtmauer (Tafel XXXVI) sind ständig viele hundert Soldaten garnisoniert, man findet daselbst Ställe für Pferde von Offizieren und Mannschaften. Die Mauer ist in bester Ordnung gehalten. Da aber nicht sehr viele Chinesen hier wohnen, so sind weite Flächen innerhalb der Umwallung verödet. Alles Leben ist außerhalb. Umgeben von einer heute niedergelegten Mauer befinden sich dort dicht bebaute Straßen mit meist zweistockigen Häusern, wie in Di dao. Ich schätze Ho tschou-Stadt und -Vorstadt auf nur 30 000 Einwohner und hiervon sind über zwei Drittel Mohammedaner2). Keine einzige Stadt innerhalb der 18 Provinzen des chinesischen Reichs hat ein gleich stark mohammedanisches Gepräge. Und doch ist hier noch manches so ganz anders als in echt mohammedanischen Ländern. Nie sah ich einen Hui hui in Ho tschou und Umgebung, der seinen Gebetsteppich im Freien oder in einer Hofecke ausbreitete und betete, wenn die Muezzin3) riefen. Auch die Ho tschou-Mohammedaner sind wie die anderen noch mehr chinesifizierten sehr äußerliche Gläubige, die kaum die vorgeschriebenen Waschungen fehlerlos ausführen können. Selten macht einer die Pilgerfahrt nach Mekka. Selbst den Namen der Stadt Mekka kennen die wenigsten. Sie wissen meist nur von „Kerbe"4) und dies sei ein 0 r t im LumiReiche5). In diesem herrsche vollendete Glückseligkeit schon auf Erden, und von dort aus könne man ohne Mühe gen Himmel fahren. Im Lumi-Reiche regiere ein großer Kaiser als Kaiser aller Mohammedaner, Raub und Mord kommen dort nie vor, und wie der Kaiser und seine Untertanen, so lassen sich auch die Beamten nie eine Ungerechtigkeit zuschulden kommen. „Der Kaiser von Lumi guo ist auch unser Kaiser," so sagen alle Hui hui in Kan su, und um ihm wirklich anzugehören, haben sie die zahllosen Aufstände begonnen.

Im Jahre 1895 ist auf Veranlassung einiger vermögender Mohammedaner um die Stadt Ho tschou nicht gekämpft worden. Es sind darum hier noch viele Moscheen erhalten; die ältesten und größten allerdings waren schon nach dem Aufstand der siebziger Jahre niedergelegt worden. In dem nur wenig weiter nordwestlich gelegenen Gebiet der Salaren aber, durch das ich nun auf meiner Weiterreise kam, wurde 1895 mehrfach gefochten. Diese Salaren, Teile eines zuletzt

  1. Ausgesprochen wie We mit einem sehr scharfen Kehllaut.

  2. Der ganze Bezirk soll 1831 nach dem Zensus 85 526 Familien gehabt haben.

  3. Die Muezzin wie die Mollah werden in Kan su stets „ah'un" genannt. Das Wort stammt aus dem Osttürkischen: dort ist ahon der Gelehrte. Selbst diese Ahun sind nicht immer zirkumzidiert. Die meisten chinesischen Mohammedaner kennen die Zirkumzision gar nicht.

  4. Kaaba, das würfelförmige Allerheiligste in der Moschee zu Mekka.

  5. Unter Lumi oder „Rumi guo" verstehen die chinesischen Mohammedaner die Türkei, das östliche Rom.

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