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0077 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 77 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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an deren Rand und bot jedem einzeln die Kruke mit einem Knicks an. Jedes tippte mit ernster Miene an die Butterflocke, murmelte einige unverständliche Worte vor sich hin, und erst, nachdem so die Kruke reihum gereicht war, wurde sie geöffnet und ihr Inhalt, der Stutenmilchschnaps, in die vorgehaltenen hölzernen Eßnäpfe ausgeschenkt. Jedes machte noch in die vier Kardinalrichtungen eine Libation, wobei es die eingetauchten Finger abschnellte, und dann begann das Trinken und das Singen, das freilich nie allzu lange währte.

Die mongolischen Herren lieben den Schnaps gar sehr, aber sie sind erstaunlich wenig trinkfest. Alle waren immer bald erledigt, doch gab es dabei nie Zank und Streit. Die Mongolen wurden nur liebenswürdig und zärtlich. Wenn der Abschied kam, hatten sie große Mühe, auf ihre Ponys zu klettern. Waren sie aber einmal droben, dann ging es mit Joho und Juhu im tollsten Galopp über alle Löcher und Büsche der Steppe ihrer Yurte zu.

Ich suchte mir in Golmo vergeblich Pferde zu kaufen. Es wurden mir zwar gar viele angeboten, aber das Material war durchweg miserabel. Die Tiere

waren sehr fett, hatten eine scheinbar schön gebaute Brust und starke Kruppe,

aber die Schultern und die Beine waren sehr schlecht gestellt, die Hufe so breit, daß die Tiere darüber stolperten. Sie sollen aber geschickt bei der Überwindung

von Sümpfen sein. Die Köpfe sind auffallend groß und schwer. Alle machen

dadurch einen ungemein dummen, tölpelhaften Eindruck, und sie sind es auch. Die Ts`aidam-, voran die Tädschinär-Pferde, sind berüchtigt schlecht. In Hsi

ning bringen sie gar keinen Preis. Treibt man — so ließ ich mir erzählen — die Tiere auf andere als ihre gewohnten Schilfweiden, so werden sie leicht krank, sie fressen alles und wissen das Nützliche vom Schädlichen nicht zu unterscheiden. Auf reichlichen Gebirgsweiden und durch Erbsenfutter sollen sie den Koller bekommen und plötzlich eingehen.

Ich war schließlich froh, daß ich in Golmo keines dieser Pferde kaufen mußte, sondern die Tiere mieten konnte. Dreizehn Pferde stark ritten wir am

11. Oktober unter der Führung eines alten Mongolen und seiner fünfzehnjährigen Enkelin weiter. Wir machten täglich 30 40 km. Dabei gab es mancherlei Abenteuer mit den Pferden. Einzelne waren seit Jahresfrist nicht mehr geritten worden, und Da Tschang und auch die anderen wurden in den ersten zwei Tagen des öfteren höchst unsanft in den Sand gesetzt.

Der Ritt ging vier Tage lang genau ostwärts. Es war ein schmaler Pfad, der sich innerhalb der Dünenreihe einmal durch Busch und Steppe, ein ander-

mal durch dichten Tamariskenwald durchwand. Zur Rechten begann bald die

kahle Schala-Steinwüste und in 12-15 km erhoben sich die nackten Felsberge, stieg der Gebirgsrand von Hochtibet mit tausend spitzen Zacken auf.

Zu unserer Linken zogen sich in nicht allzu großer Ferne Schilfweiden hin und dahinter und dazwischen glitzerte der Boden von Salzausblühungen wie Schnee so weiß. Nur selten kamen wir an Yurten vorüber, selten nur erblickte man Kamele, Pferde und Rinder.

Die Mongolen, Männer wie Frauen, denen wir in diesen vier Tagen begegneten — es waren kaum einige Dutzend — waren nach tibetischer Sitte

gekleidet. Sie trugen, wie die Barun-Leute und wie alle Kuku nor-Tibeter, eine kleine, spitze, kokette Filzmütze mit roten Fransen an der Spitze und einem weißen Lammfellbesatz am Mützenrand. Hosen hatten sie keine an, nur lange, die Waden deckende, lederne Stulpenstiefel und den dicken Pelzmantel, der über

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