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0270 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 270 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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xv.

Durchs GoldfluBland.

Die Leser dieser Tagebuchblätter werden jetzt, von der Länge der Reise ermüdet, das Buch beiseite legen wollen. Draußen aber in der frischen, freien Luft von Ta tsien lu war keine Müdigkeit zu verspüren. Ich war beileibe noch nicht von dem wilden Nomadenleben gesättigt. Es gelüstete mich auch nicht im mindesten, auf einer der bequemen oder wenigstens verhältnismäßig bequemen und sicheren chinesischen Heerstraßen nach Hause zu ziehen. Der Frühling hatte ja eben wieder begonnen. Das Wintereis der tibetischen Flüsse und Bäche war geschwunden, alle Knospen sprangen. Hoch hinauf prangten Wiesen und Weiden in saftigstem Grün und tausend bunte Blumen säumten die sprudelnden, kristallklaren Quellen. Da mag ein anderer an die Heimat denken! Gerade um diese Zeit ist es in Tibet am herrlichsten. Auch fehlte mir noch zur Abrundung meiner osttibetischen Eindrücke die ganze Länge der ethnographischen Grenze gegen die Provinzen Se tschuan und Kan su und überdies warteten droben in Lan tschou fu die Sammlungen, die photographischen Platten und Notizblätter der Hoang ho- und Tschang tang-Reise, die an die Küste gebracht werden wollten.

Die Provinz Se tschuan ist — wie erwähnt — auf allen unseren Karten sehr weit nach Westen greifend eingezeichnet und große Teile Osttibets sind dadurch als chinesisches bzw. setschuanesisches Land in Anspruch genommen Plätze, an die der chinesische Handelsmann und Handwerker nur unter Lebensgefahr gelangt, erscheinen dadurch ebenso setschuanesisch wie die fruchtbare und dicht besiedelte Reisebene von Tscheng tu fu. Tatsächlich gibt aber die Ausdehnung der in den Karten eingetragenen Westgrenze dieser Provinz nur den Bereich des Interessengebiets des Gouvernements von Tscheng tu fu wieder, des Beamten, der zugleich das politische Bindeglied zwischen Peking und Lhasa ist 1). Die Frage, wie und wo heute die eigentliche, die sprachliche, ethnographische und völkische Grenze zwischen Tibetern und Chinesen verläuft, wird dadurch nicht berührt und war bis dahin in unserer Literatur offen geblieben.

Nach der Bretschneider- und Stieler-Karte wie auch nach den russischen Generalstabskarten, die das Beste zusammengetragen hatten, was bis dahin be-

kannt geworden war, sah es zwar aus, als sei alles Land im Norden von Ta tsien lu so ziemlich durchforscht, und doch hatten erst v. Rosthorn und Armand David kurze Notizen darüber gebracht. Chinesische Fluß- und Wegekarten hatten

1) Bekanntlich war der Hauptzweck des Besuchs, den Tobden Dalai Lama in Peking 1908 machte, für sich und seine Regierung die unmittelbare Berichterstattung an den Thron und direkte Unterstellung unter Peking mit Umgehung des chinesischen, in Lhasa wohnenden Residenten und des Gouverneurs von Tscheng tu fu zu erwirken. Die mandschurische Regierung hat sich aber dazu nie entschließen können und betrachtete alles Land westwärts von Se tschuan als Domäne dieser Provinz.

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