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0255 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 255 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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tiefen Tälern verändert. Ich war hier in einer anderen tiergeographischen Zone, die sich in vielen Arten an die östlichen Himalayas und an Assam anlehnt. Die Fauna war an Arten reicher, doch zugleich an Individuen ärmer. Keine Tiergattung vertrat mehr die unermeßlichen Büffel- und Wildeselherden des zentralen Hochtibet mit seinem mehr polaren Klima. Der gelbbraune Ursus lagomyarius ist im Süden durch den sogenannten Ursus tibetanus verdrängt, der etwas größer wächst als sein nördlicher Bruder und, abgesehen von häufig bräunlich gefärbten Ohrzipfeln und einer kleinen weißen Binde an der Kehle, vollkommen schwarz ist. Er würde seiner Verbreitung nach besser chinesischer Bär genannt werden. Anstatt Wölfen sind in diesen Gegenden die Panther die gefürchtetsten Herdenräuber. Sie sind vor allem den Hunden gefährlich, so daß die Eingeborenen in ihre Pantherfallen mit Vorliebe Hunde als Köter bringen. Die Stelle der drei bis vier Antilopenarten der Tschang tang nehmen hier Bergschafe und Wildziegen (Cerus, Pseudovis nayans, Capricornis, Budorcas) ein. Nur die Hirscharten, darunter das Moschustier, zeigen eine durchgehende Verbreitung von Ts`aidam bis zu den Himalayas. Sie gehen freilich auch nie in die Steppen von 4200 m hinauf, sondern halten sich auch im nördlichen Tibet an die obere Busch- und Baumgrenze. Auf den hohen Graten um Tschanggu und Dawo beginnt auch die Verbreitungszone der Schneeleoparden (des Irbis), so daß selbst ein Laienauge gleich vier Katzenarten nebeneinander sieht (Felis uncia, F. pardus fontanieri, F. tristis, F. pallida). Mit dem Reichtum an größeren Säugern nimmt selbstredend zugleich die Gattungszahl der Vögel und Insekten eine weiter einwärts und weiter oben ungekannte Höhe an.

Die Landschaftsbilder an meinem Wege konnten im Grunde diesen auffallenden Wechsel nicht genügend erklären. Am Heka-Passe (chines. : Sung lin kou), den ich am Tage nach dem Verlassen von Dawo überschritt, traf ich wiederum auf ausgedehnte Steppenhochflächen mit flach abdachenden Moränenfeldern, die an das Ba tang-Tal bei Dscherku ndo erinnerten und wie jenes von Zeltnomaden bewohnt werden. Nur die tiefen großen Flußtäler zwischen den Hochflächen — denen aber die Teestraße nach Möglichkeit ausweicht — bringen hier die reiche Vegetation und bedingen den Reichtum an Lebewesen.

Jenseits des Heka-Passes war ich aus dem Lande Hor in das des Ming tscheng Tu se oder des Dschagla (1Dschagsla) rgyalbo gekommen. Ich war nun in dem großen Königreiche, das sich durch rechtzeitige Unterwerfung und infolge großer Schmiegsamkeit trotz des drückenden chinesisch-mandschurischen Jochs bis heute erhalten hat, obwohl gerade seine Hauptstadt Ta tsien lu ting zugleich der Schlüssel Chinas für das gesamte Mittel- und Westtibet geworden ist.

Noch inmitten des Weidengürtels unterhalb des Heka-Passes hatte der Ming tscheng-König soeben einen Tiao fang (tibet. : dzong), ein mittelalterliches Fort, fertiggestellt, einen viereckigen, lehmbeworfenen Steinbau, vier Stockwerke hoch und nur mit Schießscharten nach außen, in den er einen seiner adligen Vögte gelegt hatte. Die Umwohner und Soldaten sagten mir, das Fort diene zur Verteidigung bei einem neuen Ansturm der gelben Tschantui-Mönchshorden. Die Missionare von Ta tsien lu nannten es ein Refugium des Königs

vor der immer anmaßender auftretenden Macht der chinesischen Das neue Fort steht mitten in dem breiten Wannentale wie ein haus, ohne viel Vorteil aus der Bodengestaltung zu ziehen, ein Zeugnis für die Kriegsanschauungen seiner Erbauer.

Oberherren.
Schildwach-
sprechendes

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