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0301 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 301 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Brautgeschenke, etwa zehn Liter Schnaps und einen schönen alten Krug aus Bronze 1) voll Weizen, einen Khádar, ein großes Stück geräuchertes Schweinefleisch u. dgl. Damit hat sich die Familie des jungen Mannes ihre Schwiegertochter gesichert. Die junge Braut zählt um diese Zeit oft erst 1G Jahre und meist erfährt sie nur auf Umwegen, daß sie bereits einem Manne versprochen worden ist. Die Hochzeit selbst findet erst zwei, drei oder mehr Jahre später statt. Von einem Bönbo wird dann der Tag und die Tageszeit errechnet, wann die Braut ihr Elternhaus zu verlassen hat. Den Tag zuvor schon werden Lamapriester in die beiden Häuser, die sich miteinander verbinden wollen, eingeladen, die ein gTorma machen und die Gebete lesen. Um die vom Bönbo festgesetzte Stunde aber wird die Braut von ihren Verwandten aus dem Haus gezerrt, trotz allen Sträubens und Heulens auf ein Pferd gesetzt und zum Haus der Schwiegereltern gebracht, wo sie mit Musik und Gewehrschüssen empfangen wird. Dies nennt man „jabdye sakró" = die Frau einholen. Es kann dabei niemand das Gesicht der Braut sehen; sie ist tief verschleiert und ganz in Rot (kin.: rdembrel = Glücksfarbe) gekleidet, trägt einen roten Schleier und schämt sich. Alle ihre Verwandten und die Verwandten des Bräutigams versammeln sich zu ihrem Willkommen und bleiben die ganze erste Nacht und bis zum nächsten Mittag bei den Schwiegereltern. Man ißt

Schweine- und Yakfleisch , trinkt Schnaps und tanzt die ganze Nacht hindurch. Die Braut aber tanzt nicht, sondern sitzt verschleiert zwischen den älteren Frauen. Am Nachmittag des zweiten Tages geht alles wieder auseinander, auch die Braut kehrt wieder mit ihren Eltern heim, nur die Freunde des Bräutigams schmausen weiter. Der Bräutigam muß sich jetzt auf den Platz setzen, auf dem seine Braut saß, und muß aus ihrem Becher einen Schnaps mit Honig und Eiern 2) trinken , und jeder seiner Freunde schenkt ihm nun eine Kleinigkeit, dazu ein Branntweinkrügchen , das mit einem Khádar bedeckt ist, und alle zusammen geben ihm einen neuen Pflug oder

Stoff zu einem Anzug od. dgl.   Abb. 9.

Ein Viertel- oder ein Halbjahr nach   Teekrug (Gontsi) aus Bati in Kin tschuan.

dieser Hochzeitsfeier besucht eine Schwester   (Osttibetischer BronzeguB.)

oder Tante des Bräutigams die Braut in ihrem Elternhaus und bringt sie ganz unauffällig zu ihren Schwiegereltern und zu ihrem Manne. Die Braut bringt Schmuck und Kleider, Ackergeräte, Sicheln, eine Kuh, ein Mutterschaf und Mutterschwein und Nähzeug mit und gewöhnlich bestimmt der Brautvater ein Stück Feld, das der Tochter zur lebenslänglichen Nutznießung freisteht, dessen Ertrag aber nach ihrem Tode wieder ganz der Familie ihres Vaters anheimfällt. Die Stellung der Frau ist in Kin tschuan

  1. Solche Bronzekannen mit einem verzierten Henkel und mit einem Ausguß werden heute nicht mehr hergestellt und haben ein sehr eigenartiges Aussehen. Sie sind von einer Gußtechnik, die an die der Schan-Staaten erinnert und mit der der bekannten sogenannten Miao tse-Trommeln verwandt ist. Je nach der Größe und Gestalt werden sie „bedyen", „benkreb", „schdyaradschi" genannt. Jeder alte Haushalt besitzt eine ganze Reihe solcher Krüge, die für gewöhnlich gut verwahrt sind. Eine andere, neuere Art von Bronzekannen und namentlich kleine irdene Tee- und Schnapskrügchen, die hier hergestellt werden, zeigen die Eigentümlichkeit, daß sie einen hohlen Henkel mit einer nur kleinen Öffnung besitzen, durch die man trinkt. Eigenartig sind hier auch die eisernen Teekessel, die in Bati gegossen werden, und deren Form am besten mit einem niederen europäischen Stiefel vergleichbar ist. Sie sollen das Herdfeuer so viel wie möglich ausnützen; ihr vorderes Ende wird in das

Feuer gesteckt.

  1. Die Kin tschuan-Bewohner unterscheiden sich auch darin von den wirklichen

Tibetern, daß sie keinen Anstoß nehmen, Eier zu essen.

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