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0296 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 296 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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ii

gewandelt. Er erst hat dieser Sekte hier Ansehen verschafft. Die Chinesen machten Yung dschung lha sden (chin. : Kwan hoa se) auch zum Sitz eines Kambo-Oberabtes und geistlichen Vorstehers des Landes. Dieser wird alle drei Jahre von dem dGaldan-Kloster in Lhasa ausgeschickt und hat alle anderen Klöster der Umgebung und nahezu tausend Mönche (zu Yung dschung lha sden allein gehören heute vierhundert Mönche) unter sich. Vor dem Kloster ließ der Kaiser einen Inschriftenstein zur Erinnerung an den Krieg aufstellen, dessen Text in vier Sprachen, aber nicht in der rDyarong-Sprache abgefaßt ist, da diese nie geschrieben wird. Für die Eingeborenen ist das Hochtibetische verwendet worden, das die Lama in den Klöstern erlernen. Auf Befehl der mandschurischen Offiziere wurden damals alle Bönbo-Wandbilder der alten Klöster übertüncht. Die Bönbo-Götter und -Bücher wurden unter den Fundamenten des Du kang vergraben und nur linksdrehende Hakenkreuze (Yung dschung, geschr. : gyung drung) und andere Symbole im Fußboden erinnern noch an die Zeit vor der zwangsweisen Konvertierung durch die Mandschu. Kaiser Kien lung gilt in Tibet wegen dieser und anderer Liebenswürdigkeiten gegenüber den Gelugba als deren frommer Beschützer. Wer heute in Rardan und Tsanla o f f en BönboKult betreibt und heilig zu haltende Stätten ganz offen links herum umkreist, dem wird vom Kambo der Prozeß gemacht. Schon mancher Häretiker ist daraufhin vom Tai ye in Tsung hoa wegen Zauberei und Hexerei geköpft worden. Den chinesischen Beamten sind die Bönbo seit dem großen Krieg als arge Hexenmeister verhaßt, sie sollen während des Kriegs Regen und Schnee heraufbeschworen und den Vormarsch des Heeres gehemmt haben.

Die großen Festtage in Kin tschuan sind am B. des I. chinesischen Monats, im April und am 5. des V. und 12. des XI. Monats. Das größte Volksfest heißt „Gala teise", Hasenfest (gala = gale = Hase, teise = Fest, kin.) ; es wird um

den 12. und 13. des XI. chines. Monats gefeiert und gilt als altes, einheimisches Neujahrsfest. Der ganze Monat heißt der Hasenmonat'). Das Fest fällt in die

Zeit der kürzesten Tage, und Sonne, Mond und Sterne spielen dabei noch heute

eine gewisse Rolle. Das chinesische Neujahr, das etwa sechs Wochen später fällt, wird im Gegensatz hiezu das Schlangenneujahrsfest „kawri teise" genannt, da

es nach dem Tierzyklus gerechnet im Schlangen-(kawri)-monat gefeiert wird.

Jede Familie bäckt für Gala teise große flache Brote aus Weizenmehl, die die Sonnenscheibe in einem Durchmesser von 1I2 m, die Mondsichel, den Vater

und die Mutter und alle lebenden Glieder und eine Urmutter (Dianemu) der

Familie vorstellen sollen. Diese Brote werden am Neujahrsfest für zwei Tage auf einem Tisch im Wohn- und Küchenraum des Hauses aufgestellt, dazu kommen

zwei Figuren, die einem Hahn (begu ; kin.) gleichen In die Mitte aber wird ein „sgoldo" gestellt, eine gebackene Tierfigur (? Vogelfigur), die auf einem senkrechten Stäbchen das Symbol der lamaistischen Köstlichkeiten (norbo; tibet. und kin.) trägt. Die Anordnung der Brotfiguren und ihr Aussehen zeigt Abb. B.

1) Der Hase spielt auch in allen tibetischen Märchen eine wichtige Rolle wie etwa unser Reineke Fuchs. Hasen sind heilig, sie werden deshalb auch selten gejagt und selten gerne gegessen. Nach der alten taoistischen Volksphilosophie sitzt im Mond ein Hase und die tibetischen Bönbo erzählen dasselbe.

Für sehr kluge und heilig zu achtende Tiere werden auch die Affen gehalten. Bekannt ist ja, daß die Tibeter von jeher lehrten, daß sie von Affen abstammen und daß deshalb die wenigsten erlauben, daß man auf Affen Jagd macht.

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