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0403 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 403 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Frauen mitbringen, so wird den Mohammedanern und Chinesen die Langeweile durch die Schönen vom Amdo-Lande vertrieben. Mit spitzen weißen Pelzkapuzen, die mich an die hohe, steife Huttracht der gotischen Zeit erinnerten, und bedeckt von roten Korallen und schwerem Silberschmuck stolzierten und ritten die Yang hang-Damen daher; gewaschen und geputzt sah manches Gesicht sehr gut und hübsch aus und die Figuren waren alle tadellos. Nur Ma lao ye, der Vorsteher, führte ein sittenstrenges Leben. Er trug keinen Zopf unter seinem kleinen AhunKäppchen und verrichtete wie ein rechtgläubiger Mohammedaner der Levante jeden Tag zur vorgeschriebenen Stunde die Waschungen und die Gebete. Ich bin aber nicht sicher, ob er immer so fromm und strenggläubig war und stets den Branntwein mit Abscheu von sich wies, denn die Lama bestritten es. Er glaubte, mich für einen Agenten der großen panislamitischen Bewegung nehmen zu müssen, weil ein solcher erst ein Jahr vor mir Labrang besucht hatte. Dieser war mit einem französischen Paß gereist und batte darin zufällig denselben chinesischen Namen wie ich. Ich bin deshalb leider oft mit ihm verwechselt worden. Er war aber Mollah und zog in ganz Kan su umher, um zu predigen, die Rechtgläubigen aufzumuntern und auch Geld von ihnen zu sammeln. Mehrfach collidierte er hiebei mit den chinesischen Beamten und später erfuhr ich sogar, daß er von der Regierung verhaftet wurde und daß beinahe 10 000 Tael Silber bei ihm gefunden wurden, die ihm die chinesischen Glaubensbrüder anvertraut hatten.

Kein Jahr nach mir haben auch richtige Franzosen das Kloster Labrang entdeckt : die französische Expedition unter der Führung von Major d'011one mit den Hauptleuten Lepage und de Fleurelle sowie Leutnant de Boyve, denen sich als Dolmetscher Père Dury aus Sung pan ting angeschlossen hatte, traf dort im Sommer darauf ein. Im ganzen zweiunddreißig Mann stark, worunter vier tongkinesische Soldaten, hatte die französische Expedition Sung pan ting verlassen und war über Bar yü und Läwa an den Me tschü gereist, stand schließlich am Or tao Hoang ho und zog von dort direkt nach Labrang. Diesen großen Zug der Franzosen möchte ich aber nicht bloß erwähnen, sondern auch einige Sätze aus dem Reisebericht d'011one's meinen Lesern zitieren. Liebe Landsleute, die an der chinesischen Küste waren oder im besten Falle einige eingeschüchterte Tibeter innerhalb der chinesischen Einflußsphäre gesehen haben, wollten mehrfach behaupten, ich übertreibe stark, habe die Überfälle provoziert und der Osttibeter habe beileibe nicht den raublustigen und widerspruchsvollen Charakter, den ich ihm nachsage.

In „Les derniers barbares" schreibt Marquis d'011one auf S. 282 ff. von den Winterlagern des Läwa- Stammes :

Mit knapper Not entging er den chinesischen Reitern, die ausgesandt waren, ihn zu verhaften. Diese verfolgten ihn bis über die indisch-englische Grenze, und die chinesische Regierung stand vor einer neuen Frage. Sie machte den Versuch, die Inkarnation ihrer Würden zu entkleiden, sie setzte ihn als Herrscher ab. Der Dalai Lama hielt sich seitdem an der indisch-tibetischen Grenze auf, wo die Gläubigen noch weiter zu ihm strömten, und wartete. Er hatte auch nicht lange zu warten. Kaum war die Kunde von der chinesischen Revolution nach Lhasa gedrungen, kaum waren die chinesischen Besatzungen etwas geschwächt, so erhoben sich die Mönche wie ein Mann, schüttelten das verhaßte Fremdjoch, das Tschao ör fong errichtet hatte, ab, und Tobden ist jetzt der Herr Zentraltibets mit dem Sitz in Lhasa geworden, der er werden wollte. Die chinesischen Soldaten wurden bis an die Grenze von Vordertibet zurückgedrängt.

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