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0197 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 197 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Einmal ritt er durch einen Wald, dessen dicht stehende und dicke Stämme ihn totdrücken wollten. Sein Wunderpferd aber war so rasch, daß die Stämme erst zusammenklappten, als nur noch ein paar Schwanzhaare des Pferdes im Walde waren. Diese allerdings wurden ausgerissen. Endlich kam er ans Zelt des Dud, als dieser eben ausgegangen war. Er traf aber dessen Frau, die Mitleid mit ihm hatte und ihn, nachdem sie ihm Essen gereicht hatte, in ein Aschenloch des Herdes versteckte. Als Dud nach Hause zu seiner Frau zurückkam, roch er gleich das Menschenfleisch und suchte nach Gesar, um ihn zu fressen; aber zum Glück fand er ihn nicht. Schließlich legte Dud sich ermüdet zum Schlafen nieder und schlief ein. Während seines Schlafes kam Gesar aus seinem Versteck, schoß nach Dud und verwundete ihn. Darauf aber rangen sie noch zusammen und es wäre Gesar noch schlimm ergangen, wenn nicht die Frau ihm geholfen hätte. Sie streute nämlich dem Dud Erbsen unter die Füße, dem Gesar aber Sand. Dadurch stand Gesar fest, während Dud bald zu Boden fiel. Gesar band hierauf seinen Gegner und tötete ihn. Nach dem Tode des Dud kehrte Gesar mit der Frau des Dud nach gLing zurück.

Als er jedoch in die Nähe seiner Heimat kam, erfuhr er, daß drei Könige von Hor das Land gLing inzwischen verwüstet und seine Frau entführt hatten. Deshalb zog er sogleich weiter in den Krieg mit den Hor. Er schlug auch diese, nahm ihnen nicht bloß den Raub wieder ab, sondern auch ihre Frauen und ihre ganze Habe dazu, und „gLing Gesar dyalbo" war nun sehr reich. Er hatte gLing, die Habe des Dud, die Habe von Hor und drei Frauen. Er wurde sehr alt und hatte viele Söhne 1).

Heute ist Gesar von Ladak bis Ta tsien lu, von Darjeeling bis weit hinter Hsi ring fu hinaus der bekannteste Volksheld. Es wird aber wohl immer eine Streitfrage bleiben, wer Gesar eigentlich war und welche geschichtlichen Tatsachen der Sage zugrunde liegen oder in ihr zusammengeworfen sind. Wenn man an die Lebendigkeit der Erinnerungen an Gesar denkt, an alle die Gesarsteine, Gesarfurten, -Höhlen, -Hand-und -Fußabdrücke und sonstigen Spuren, von denen die Tibeter sich auf Schritt und Tritt zu erzählen wissen, so ist man zumal als Reisender überzeugt, die Sage sei tibetischen Ursprungs. Bei der ersten Heirat soll es sich um die Werbung um eine chinesische Kaisertochter, beim Kampf gegen Dud um Kriege gegen die Fürsten von Khotan, bei den Hor um Kämpfe mit Mongolen (Hor) oder Tu ku hun handeln. Die K`amba versichern, daß die Hor diejenigen Mongolen gewesen seien, die einst ganz Osttibet erobert hätten, also die Tu ku hun. Im Gesarepos sind vermutlich die Taten des großen Srong btsan sgambo und seiner Vorgänger volkstümlich verarbeitet.

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"1

Am 21. März kam Tschang Tung sehe aus dem Mekong-Tal zurück. Er

hatte sechs Tage zum Schloß des Nan tsien-Königs zu reiten gehabt und

brauchte nicht ganz die gleiche Zeit für den Heimweg. Er sah nicht verhungert

und angestrengt aus; kaum aber hatte er mein Zimmer betreten, so machte

er mit Yin lu tse zusammen einen Ko tou vor mir und begann mit bitteren

Klagen über die Behandlung, die ihnen unterwegs widerfahren sei. Überall

seien die Tibeter abweisend gewesen, selten einmal hätten sie in einem Zelt

geschlafen und, im Schlosse angekommen, habe sie der Ts`ien hu keiner Audienz

gewürdigt. Nach tagelangem Warten sei endlich ein Be hu zu ihnen gesandt

worden, der durch seinen Nirba mit ihnen sprach. Tschang Tung sehe schloß

1) Abgesehen von der Verschiedenheit der Namen glich die Erzählung in den Hauptsachen den bekannten Versionen dieser Heldensage, die ja nicht bloß bei den Tibetern, sondern auch bei den Mongolen, Kirgisen und in Anklängen sogar weit im Norden in der Tundra noch gefunden wird. Vgl. Bergman n, Nomadische Streifereien unter den Kalmücken, Teil III, Riga 1804 ; Schmid t, Die Taten Bogda Gesser Chans, eine ostasiatische Heldensage, Akad. d. Wissensch. St. Petersburg 1836 und die Übersetzung 1839 (nach der 1716 in Peking erschienenen Ausgabe); Po t a n i n, Tibetisch-chinesisches Grenzgebiet Bd. 2, St. Petersburg 1893 ; Franck e, Der Frühlings- und Wintermythus der Kesarsage, Helsingfors 1902; und viele andere mehr.

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