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0328 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 328 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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M.

forderte immer wieder zum Nachdenken über ihre Entstehungsmöglichkeiten heraus. Der verschiedene Feuchtigkeitsgrad auf den Nord- und Südhängen reicht zur Erklärung nicht aus. Es scheinen mir vielmehr zufällige und auch künstliche Waldbrände die Hauptschuld daran zu haben. Der tibetische Nomade ist, wie j a jeder Hirte, der geschworene Feind allen Waldes. Er will nur Grasflächen sein eigen nennen, auf denen er seine kopfreichen Herden tummeln lassen kann. Er brennt rücksichtslos den Wald nieder, wo er ihn trifft, denn den Wald braucht er zu nichts als zu Zeltstangen; zum Brennen ist für ihn der Dung seiner Tiere am bequemsten. Wo aber einmal die alten Hochstämme vernichtet sind, wachsen die jungen Triebe — wie wir es schon in alten türkischen Gebieten sehen — nur ungern noch einmal in größere Höhe. Die Viehherden lassen es vielleicht noch zu einem mäßig hohen und dichten Busch kommen, aber nicht zu Wald. Ehe sich der Mensch in den tibetischen Höhen breit machte, reichte sicher der zusammenhängende Urwald viel höher hinauf als heute. Das Land wird im Urzustande einen ganz anderen Charakter gezeigt haben und mag allein deswegen schon ein feuchteres Klima gehabt haben. Wer die Hochstämme am Tschürnong tschü (Bd. I, Tafel LXII) betrachtet , wer die einzelnen alten Tannen im Süd-Kuku nor- Gebirge gefunden hat, die dort noch in verborgenen Schluchten sich erhalten haben, wird wohl mit mir übereinstimmen können, daß die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, daß selbst dort in nicht allzu ferner Vergangenheit ausgedehnte Wälder bestanden und die heutigen Prärien bedeckten, und daß es der Mensch sein muß, der sie ausrottete und nur als „Zeugen" einige Überbleibsel duldete.

Auf dem langen Weg bis Mittel-Zangskar, der schnurgerade nach Nordwesten führte, sah ich bloß dreimal drei Zelte beieinander stehen und selten begegneten wir einem Menschen. Die wir aber trafen, ritten Yak und keine Pferde. Eine einzelne Frau, hoch zu Ochs und ohne Sattel, begann, wie es hierzulande unter den Begegnenden Sitte ist, eine lange Zwiesprache mit uns, und durch sie erfuhr icb, warum im Ortsverkehr nur Ochsen verwendet werden. Sie lachte, wie ich so einfältig fragen konnte. „Reitest du ein Pferd, so mußt du gut bewaffnet oder mit mehreren Männern zusammen gehen. Wer ein Pferd stiehlt, ist morgen über Berg und Tal. Einen gestohlenen Ochsen aber treibst du an einem Tage nur so weit, daß ihn die Männer Tags darauf wieder haben." Zurzeit hatten die Leute vor den chinesischen Medizinwurzelgräbern die meiste Angst. 380 dieser Leute sollten jenes Jahr über Ma tang in das obere Somo-Tal gezogen sein.

In Mittel-Zangskar, einer Siedlung von sechzig Zelten, traf ich einen Kaufmann, auch einen Mohammedaner, der nach ngGolokh-Rentsin hsiang strebte. Wegen der starken Regengüsse kam er mit seinen 150 Teelasten, die in großen viereckigen Körben verpackt waren, nicht über den Fluß. Ungeduld zuckte ihm in allen Fingern und mit nervöser Hast drehte er seine zwei Spielkugeln bald in der Linken bald in der Rechten. In Ngaba haben sie nun schon Schafschur gehalten," jammerte er mir den ganzen Abend vor. „Es ist die höchste Zeit für mich, in ngGolokh-Doba und Rentsin hsiang die Vorschüsse in Tee fürs nächste Jahr zu geben. Meine Konkurrenten von Ardschün werden nun dorthin gehen und die nächstj ährige Wolle bekommen und ich muß den ganzen Winter umsonst im kalten ngGolokh-Lande sitzen." Auch auf die Empfehlung des hier allbekannten Kaufmanns hin konnte ich hier keine Eskorte bekommen. Anfänglich wollten zwei Männer bis Merge, vier Tagereisen weit, mitgehen,

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