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0124 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 124 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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gekannte K.' am entschieden. In K`am, am oberen Yang tse kiang, um die Quellen des Mekong und bis an die Ufer des Salwen, liegt eine tibetische Provinz, die, wie ich schon früher erwähnt habe, zu Hsi ning bzw. zum Kuku nor- Gebiet gehört, weil sie in den Eroberungskriegen der Mandschu zu Anfang des 18. Jahrhunderts von Hsi ning-Chinesen besetzt wurde. Die Hsi ning-Leute nennen diese Provinz den Hung mao ör de ti fang, die „Heimat der Rothüte"1), oder auch das Yü fu (im Pekingdialekt : Yü schu) ; es ist das Land des Nan tsien (oder Na tschen) dyalbo, eines so gut wie unabhängigen Königs. Das Gebiet ist sehr groß und wenig davon ist erforscht, weil es äußerst schwer zugänglich ist. Wir kennen deshalb nicht einmal seine genauen Grenzen. Es ist aber heute das wichtigste Zentrum des alten Nima-(rNingma-)Glaubens, eben dieser Sekte der Rothüte.

Um in die Länder des Nan tsien-Königs hineinzugelangen, hielt ich es in erster Linie für durchaus erforderlich, das Einverständnis des Hsi ning-Ambans einzuholen. Wie sollte ich aber ohne Empfehlung meiner Regierung noch einmal an den hochmögenden Herrn gelangen? Es machte gewaltige Mühe. Dieser Ya men hatte erstaunlich viele und allmächtige Torhüter. An zwei Tagen ging ich um zehn Uhr morgens in den Amban-Ya men und verließ ihn am Abend, wenn die Tore geschlossen wurden, ohne daß mich die Torhütergesellschaft durchließ. Fast wäre mir die Geduld ausgegangen. Am dritten Tage aber wurde ich empfangen. Die Unruhe, die ich in den Vorhof brachte, schien allzu groß zu werden. Ich war mit Bettzeug angerückt, um es mir über Nacht bequem zu machen. Auch hatte ich eine Reihe Händler nach dem Ya menVorhofe bestellt, um nicht meine Zeit ganz ungenützt verstreichen zu lassen. Vor dem Geheimsekretär hatte ich auf einen amerikanischen Reisenden hinweisen lassen, der ein Jahr zuvor auf dem Wege von Turkistan durch Hsi Hing gekommen und der gleich nach seiner Ankunft vom Amban feierlich empfangen, später sogar eingeladen worden war. Auch Leutnant Brooke's Empfang konnte ich anführen. Selbst dem in englischen Diensten reisenden ungarischen Gelehrten Stein hatte der Amban Dolmetscher entgegengesandt, obwohl dieser nur bis Sa tschou und gar nicht bis in sein Revier gekommen war. Alles auf ein Wort der betreuenden Gesandtschaft.

Als ich endlich neben dem Amban saß, hatte ich den lieben alten Herrn nach einer Stunde so weit, daß er mir einen neuen Paß und Geleitbrief ausstellen ließ und mir auch schriftlich einen Dolmetscher für die Reise ins Nan tsien-Land zusicherte. Dafür hatte ich ihm versprochen, künftig vorkommenden-falls auf Schadenersatzansprüche zu verzichten. Der Dolmetscher, Tschang mit Namen, der sich am nächsten Tage schon in meinem Gasthause vorstellte, war freilich viel zu jung. Er zählte erst zwanzig Lenze und sprach nur schlecht Tibetisch. Aber er war schon in K`am gewesen. Als ich ihn wegen seiner schlechten Sprachkenntnisse zurückweisen wollte, stellte man mir einen ganz alten asthmatischen Mann zur Wahl, der vom Opiumrauchen so geschwächt war, daß er

1) Alle diejenigen, die nicht zur Gelugba-Sekte gehören, bezeichnen die Hsi ningChinesen als „Rothüte " und zwar einerlei , ob sie nun dem Nima- (rNingma-), Saskya-, Karma-Ritus folgen. Der Unterschied all dieser Sekten besteht für den Laien vor allem in kleinen Äußerlichkeiten des Kultes, in den Anrufungen, in den Handbewegungen, in der Art der Musik, bei der Intonation der Instrumente und

beim Pfeifen und Händeklatschen, für die Mönche aber in erster Linie in der Verschiedenheit der Schutzgötter.

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