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0386 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 386 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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beliebt. Der Dschoni Tu se selbst aber in seinem flachen und leicht zugänglichen Heimatland untersteht heute mit seinem ganzen Clan der Oberaufsicht des Tschou von Tao. Noch viel schwächer und kleiner ist der Tschan Tu se, der 15 Li unterhalb von Dschoni im Tao ho-Tale wohnt. Wenig mehr zu sagen hat auch der Ma Tu se, der bereits im Min tschouer Bezirk bei dem Ort Tang tschen, 150 Li südlich der Bezirkshauptstadt, sitzt und über 2000 Familien herrscht. Des vierten, des Kia Tu se, habe ich bereits gelegentlich meiner Reise durch Di dao tschou kurze Erwähnung getan. Dschoni, Tschan, Ma, Kia einerseits und die Tschou von Tao, Di dao und Min anderseits werden oft als die Wu hu und das Land als das Fünf-Herren-Land zusammengefaßt. Für die an völlige persönliche Freiheit und Freizügigkeit gewöhnten, für die „demokratisch" denkenden Chinesen sind die in dem Wu hu herrschenden Zustände sehr fremdartig; sie sind baß verwundert, daß hier an dem Grund und Boden nicht wie sonst im Reiche der Mitte der Herrschende ein Anrecht haben soll und darauf Steuern erhebt, sondern daß die einzelnen Familien und die Familienhäupter den verschiedenen Herren zu eigen gehören sollen, so daß es hier oft vorkommt, daß in einem kleineren Dorf Untertanen von allen fünfen zusammenwohnen, die von dem einen Platze aus ihrem angestammten Oberherrn eine jährliche Kopfsteuer entrichten und bei Streitigkeiten vor dessen Forum flüchten müssen.

Eine auffallende Besonderheit zeigt die Fußbindung der Tao tschouer Chinesenfrauen. Es wird hier die große Zehe senkrecht nach oben gebunden getragen, während gleichzeitig die übrigen Zehen wie sonst unter die Fußsohle zu liegen kommen (Tafel LXX). Die Verkürzung des Fußes ist dadurch nicht so bedeutend wie bei der gewöhnlichen Verkrüpplung; aber da eben einmal in ganz Nord- und Westchina der Fuß verkrüppelt werden muß und man vor allem bei der Landbevölkerung starrköpfig an der alten Sitte festhält, so hat sich dieser verringerte Modus ausgebildet, als die Frauen sich angeblich eine größere Gehfähigkeit schaffen wollten. In den wechselvollen Kämpfen der Mohammedaner und Chinesen mußten ursprünglich die Unterliegenden jedesmal alle Frauen der Wut der Sieger überlassen. Sie verloren ihre Mütter und Töchter. Mit den dreizölligen Füßchen der gewöhnlichen Bindeweise entkamen die Frauen nie; nach wenigen Li waren die Füßchen durchgescheuert und rutschten die Armen nur noch auf den Knien vorwärts. Mit der neuen Bindung, die aber auch schon mindestens vier Generationen üblich sein muß, marschieren die Tao tschouer Frauen so gut wie ihre Schwestern von Hsi ning, die nur die kleinen Zehen nach unten, plantarwärts, einbinden und damit auch schon ein leidlich hübsches Füßchen erzielen ! Auch dieser Tao tschouer Bindeersatz wird etwa vom achten Lebensjahre an bei Tag und Nacht getragen. Die Tuchstreifen, die die Zehen zusammenkrümmen, werden nie abgelegt, sondern nur gewechselt und wie sonst dürfen nicht einmal die Ehemänner den nackten Fuß ihrer Frauen sehen. Eine Frau würde sich in den Tod schämen. Auch

ch durfte die Füße, die ich im Bilde vorführe, nicht in Natura sehen. Die Trägerinnen dieser Füßchen haben diese Aufnahmen mit meiner photographischen Kamera selbst gemacht. Nur vor meinem toten Objektiv wagten sich zwei bettelarme Weiblein gegen Entgelt zu enthüllen.

Mein Bild von Osttibet wäre nicht vollständig gewesen, hätte ich zum Abschluß meiner Reisen nicht noch das politische Zentrum des Nordens, Labrang

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