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0228 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 228 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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darin mitgeteilt, daß ich nicht in Tibet reisen könne und daß mein Paß, mein

Schatz, auf den ich so stolz war, den zu erlangen mich so viel Mühe gekostet

hatte, nicht zu respektieren sei. In lateinischen Buchstaben war in aller Kürze

hinten angefügt : „Paß ungültig. Deutsche Gesandtschaft" — eine deutsche

Behörde kümmerte sich also wieder um mich ! Mein Herz schlug mir höher.

Natürlich war es etwas, worüber man sich ganz im stillen ärgern konnte, aber

Deutsch war es, Urdeutsch sogar ! Was hatte auch ein Deutscher in Tibet ver-

loren! Die Deutschen sollen brav zu Hause bleiben!

Woher aber hatte der chinesische Offizier nur dieses Telegramm? „Hat

Gantse Telegraph?" drang ich zuerst freudig erregt in meinen Besucher.

Doch nicht !" meinte er bescheiden. „Die nächste Telegraphenstation ist

Ta tsien lu, das ein guter Kurier in elf Tagen erreichen kann."

Und das Telegramm ist heute hier angekommen?"

„Ach nein, es wartet schon längere Zeit. Es liegt etwa drei Vierteljahre

hier," setzte der Leutnant hinzu.

Jetzt merkte ich, daß ich das Schreiben vor mir hatte, von dem schon der

Amban in Hsi ning wußte und das er mir mit fünfzehn Reitern bis Ts`aidam

nachgesandt hatte, so daß dort das Gerücht entstanden war, ich sei ein ganz

schlechter Kerl ! Jetzt war das Telegramm nach Gantse gelangt, um mir in

der Richtung auf Lhasa nachgesandt zu werden.

Leutnant Lu ming yang ließ mir aber am Ufer des Dsa tschü nicht lange

Zeit, mich über die neue Verbindung mit der Heimat zu „freuen".

„Geh nicht nach Gantse," wiederholte er wieder und wieder. „Was sollen

wir machen, wenn die Mönche ernstlich angreifen?"

„Sie werden es nicht wagen und werden nur drohen."

„Sie greifen an. Es sind Horba-Mönche, die bekannt sind für ihre Streit-

lust. Ihr seid fünf Mann und wir sind acht (ein Leutnant, ein Tung sche und

sechs Soldaten). Wir haben nur Musketen, während die Lama weit über tausend

kampffähige Mönche haben und viele moderne Repetiergewehre besitzen.

Ja," fügte er hinzu, „hätte ich zweihundertfünfzig Mann mit modernen Ge-

wehren, dann könnte ich hier kommandieren. Da mir aber von den eigentlich

fünfzig Soldaten nur zehn gelassen sind (vier hatte er anscheinend selbst in die

Tasche geschoben und „gegessen"), so bin ich selbst hier nur geduldet und

nicht viel besser daran als du."

Da ich sowieso wenig Hoffnung hatte, die Klöster in Gantse besichtigen

und studieren zu können, so fügte ich mich dem Chinesen und ritt auf der geraden

Straße im Süden an Gantse vorbei.

Dicht am Fährplatz erhob sich eine Hügelkette, die sich schon von ferne

durch ihre fahlgelbe Färbung als Lößberg verraten hatte. Auf steilem Pfad

war diese Höhe vom Lagerplatz aus zu erklimmen, und als wir oben angekommen

waren, lag schon das Talbecken von Hor Gantse go vor mir. Breit und frucht-

bar zieht es sich vom Dsa tschü nach Norden. Lößterrassen und Hohlwege im

Löß zeigten bis zu 20 m der fruchtbringenden gelben Erde, der allein zu danken

ist, daß hier mitten zwischen wilden Bergen eine so reiche Kulturoase entstand,

daß Hausburgen und Lamaklöster sich derart breit machen konnten.

Zuerst kamen wir an einem festen Herrensitz der Familie Mazar Tuse vor-

über, dann tauchte bald linker, bald rechter Hand ein größerer Bau nach dem

anderen auf. „Hier verbringt die Familie Mazar ihre Sommermonate, dort

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