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0265 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 265 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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Hotels neben mir abgestiegen, so daß ich seine Bekanntschaft machen konnte.

Er nahm für seinen Posten zwei Sekretäre, einen Koch und vier Diener aus

dem Unterland mit — ihre Frauen nehmen die Chinesen so weit ins Innere

Tibets nie mit sich. Dazu beschleppte er sich mit einer solchen Menge Waren,

daß ich ihn zuerst für einen Großkaufmann ansprach. Er hatte sein ganzes

Bargeld in Tee und Baumwolle angelegt und reiste natürlich auf Ula, die ihm

die Untertanen des Ming tscheng Tu se stellten. Da er nur Holzsättel und keine

dazugehörigen Sattelunterlagen mitbrachte, auch keine Zeit verlieren wollte,

so zwangen die chinesischen Diener ihre Ula-Leute, den armen Tieren die

kantigen Sättel auf den nackten Rücken zu schnallen. Tränen liefen den Tibetern

übers Gesicht, und sie warfen sich auf die Knie vor den Chinesen, aber die

Herren ritten unbarmherzig ohne Polsterung auf und davon. Es waren ja bloß

Ula-Tiere !

Nach dem Leang tai zogen Offiziere aus Yün nan und Hu nan in mein Hotel;

jeden Tag kamen neue Truppennachschübe von unten. In Tempeln und Ya men

wurden von früh bis spät Rekruten einexerziert, Griffe geklopft, Zielübungen

veranstaltet. Die Soldaten waren mit alten europäischen Repetiergewehren

bewaffnet und machten einen hübschen Eindruck 1).

1) Die mit so großer Langmut geführte Strafexpedition der angloindischen Regierung, eine Erwiderung auf die herausfordernde Abweisung des Dalai Lama, hatte unter Younghusband im August 1904 mit dem Einzug in Lhasa und auf dem Potala ihr Ende gefunden. Die Schwäche der chinesischen Stellung in jenen Ländern war dadurch offen an den Tag gebracht worden. Man wollte daher endlich Ordnung schaffen, und der Pekinger Hof sandte noch 1904 einen Spezialminister ab, dem die Aufgabe zufiel, eine straffere Herrschaft einzuleiten. Ehe dieser Minister Feng aber das eigentliche Land des Dewa schung von Lhasa betreten hatte, wurde er im April 1905 mit seiner Reiterschar von den Dschraba des Ba tang-Klosters erschossen. Die Mönche der GelugbaSekte wollten die Oberhoheit der Chinesen nicht mehr hochkommen lassen. Rasch breitete sich die Aufstandsbewegung gegen Li tang und das Mekong- und Yang tseTal hinab bis über Aten tse im nördlichen Yün nan aus.

Der rührige Tschao ör fong , damals erst Dao tai — während der chinesischen Revolution bekanntlich Gouverneur von Se tschuan und als solcher 1912 in den Straßen von Tscheng tu fu durch die Kuo ming tang - Partei enthauptet — wurde abgesandt, die Situation zu retten. Die Stämme von Ba tang und Umgebung wurden von Peking zur Ausrottung verurteilt (mieh tu). Se tschuan sandte 10 000 Mann über Ta tsien lu vor, und ein General der Avantgarde schlug die Tibeter auf der Hochfläche von Li tang, dessen Lama mit denen von Ba tang sympathisierten und nicht übel Lust zeigten, sich mit ihrem Kampo an der Spitze den Rebellen anzuschließen. Tschao ör fong ließ Kloster um Kloster einnehmen und auch das große Kloster von Ba tang brannte nieder, kaum daß er den Ort betreten hatte ; man weiß heute nicht mehr, ob von den Soldaten oder von den Mönchen selbst angezündet. Die beiden Könige (Deba) von Ba tang, die als Laien neutral sich verhalten hatten , ließ er köpfen. Die zwei Deba von Li tang wurden abgesetzt. Der eine floh nach Innertibet, der andere vergiftete sich.

Die kriegslustigen Mönche hatten sich mittlerweile in das Bergkloster Sang pil ling in Siang tscheng, der Schangdreh-Provinz, im Südosten zurückgezogen, wo sie angeblich für zehn Jahre verproviantiert waren. Das Kloster war durch eine Ringmauer mit acht vorspringenden Türmen nahezu uneinnehmbar gemacht worden und Ba tang- und Sang pil ling-Mönche wetteiferten, um hier gemeinsam gegen die verhaßten Chinesen zu siegen. Tschao ör fong mußte dieses Kloster ein halbes Jahr belagern. Vergeblich waren alle seine Sturmangriffe. Umsonst hatte er Kanonen durch die Gebirgslabyrinthe schleppen lassen. Die zehn Fuß dicken Mauern schienen uneinnehmbar. Die Mönche machten sogar Ausfälle nach dem Berg, auf dem die chinesische Artillerie postiert war. Nach wenigen Monaten waren die Belagerer schlimmer daran als die Belagerten, die oft zum Spott Tsambakugeln nach den Angreifern schleuderten. Die chinesischen

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