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0261 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 261 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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oblag und der dem Dao tai von Ya tschou fu angegliedert worden war 1). End-

lich fand ich hier einen wichtigen Likin-Mandarin, der namentlich allen aus

dem Unterland eingeführten Tee vor dem Betreten der Stadt besteuerte. Neben

diesen großen Chinesen hat noch der Ming tscheng Tu se, tibet. : Dyala (Dschagla)

dyalbo (geschrieb.: 1Dschagsla rgyalbo), ein Wörtchen in die Verwaltung drein-

zureden, aber freilich nur noch in rein tibetischen Dingen.

Der Ort Ta tsien lu heißt im Tibetischen Dar rtse ndo = Mündung des Dar,

und hieraus scheint die heutige chinesische Bezeichnung Ta tsien lu verballhornt

zu sein. Die Chinesen von heute lassen zwar diese Erklärung nicht gelten.

Nach den einen bezeichnet der Name eine „Pfeilesse" und soll mit der Be-

deutung des Ortes als altem Waffenplatz zusammenhängen; nach den anderen

rührt der Name daher, daß man hier einst einen Pfeil gefunden hat, den einer

der Grenzkommissare abgeschossen haben wollte. Es ist die Geschichte der

Ochsenhaut der Dido, ins Chinesische übertragen. Die Parteien sollen am Ende

langer Grenzstreitigkeiten übereingekommen sein, daß die chinesische Grenze

so weit reiche, als ein Pfeil fliege. Die Chinesen schnellten einen Pfeil los und

nach langem Suchen fand sich dieser Pfeil Tagereisen weit im Innern des tibeti-

schen Gebietes an der Stelle des heutigen Ta tsien lu. Von den chinesischen

Soldaten im tibetischen Innern wurde die Stadt Lu tsch`eng genannt.

Streng genommen besteht die Stadt nur aus zwei schmalen Straßen, die sich

zu beiden Seiten des ziemlich wasserreichen Flüßchens hinziehen, das Dar tschii

heißen soll (die wenigsten Bewohner wissen natürlich einen Namen für das

Wasser anzugeben). Drei Brücken verbinden die beiden Talseiten. Die Be-

amten, die Offiziere und der König wohnen auf dem linken Ufer in breitspurigen

Ya men, die in chinesischer Art gebaut sind. Die Mehrzahl der Kaufbuden

und die großen tibetischen Godowns oder „Go tschwan" liegen vornehmlich

auf dem rechten Ufer. Ta tsien lu ist heute eine der wenigen Städte im Reich

der Mitte, die keine Stadtmauer besitzt. Dazu scheint sie zu spät (1697) ins

Reich eingegliedert worden zu sein. Gleich hinter den Häusern steigen die

Talwände steil auf, so daß die Einwohner es nur für nötig fanden, an den drei

Talausgängen drei Tore zu bauen 2).

Innerhalb und außerhalb der Stadt zählt man acht Klöster mit zusammen

500 tibetischen Mönchen. Das schönste Kloster ist am chinesischen Paradefeld

auf dem linken Flußufer vor dem Südtor gelegen, unter dem Namen „Dordyi

dschak" bekannt und hat 150 Priester. Es gehört wie die Königsfamilie zur

Nima- oder roten Sekte. Neben ihm sind 25-27 ° heiße Quellen, die schöne

Sinterterrassen gebildet haben. Als zweitgrößtes Kloster fand ich eine Gelugba-

Lamaserei mit rund 100 Insassen. Sie liegt innerhalb der Stadt und gleichfalls

auf dem linken Ufer. Ein Saskya-Kloster mit 40-50 Priestern findet sich im

Norden ; der Rest sind kleine, meist Gelugba-Priesterhospize. Alle beziehen

regelmäßige Einkünfte aus Grundbesitz, wie mir überhaupt in ganz Tibet ohne

Grundeigentum kein Kloster bestehen zu können scheint. Vor allem nennt

das Nima dordyi dschak-Kloster große königliche Stiftungen und ausgedehnte

  1. Der Kaiserliche Hof in Peking sandte jährlich allein 40 000 Tael durch den Kün leang fu an die Klöster Tibets als Bezahlung für das Rezitieren von Gebeten.

  2. 1408 unter dem dritten Kaiser der Ming-Dynastie hatten sich allerdings die Fürsten der Stadt auch schon unter die Chinesen beugen müssen. Das Land hieß früher

West- Yü tung und Ning yüan tsch`ün.

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