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0419 Meine Tibetreise : vol.2
Meine Tibetreise : vol.2 / Page 419 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000264
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die zwei herbei. Sie fanden den Hasen rücklings mit dem Schwanz in der Hand auf dem Boden liegen. „O Brüder," rief der, „ihr kommt zu spät, das Schwein ist mir durchgegangen und ließ mir nur seinen Schwanz zurück, an dem ich es festhielt!"

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Der Bär und der Hase.

Der Bär hatte einen Hasen gefangen. Der Hase aber war schlauer als der Bär, und durch seine Schlauheit rettete er sein Leben.

Der Bär schickte sich eben an, den Hasen zu fressen, als der Hase sagte: „Onkel Bär, Onkel Bär, du darfst mich nicht fressen," und dabei kaute und schmatzte er. Der Bär fragte deshalb: „Nefflein Hase, was ißt du denn?" „Ich esse etwas sehr Gutes," sprach der Hase, „ich esse meine Augen, die schmecken ganz ausgezeichnet." „Wie kannst du denn deine eigenen Augen fressen," erwiderte der Bär. „Ach, die wachsen immer wieder neu; willst du mal eines versuchen?" Dabei schob ihm der Hase ein Stückchen Honig hin. „Ei, das schmeckt ja vorzüglich," meinte der Bär, „kannst du mir mein Auge auch herausnehmen?" Da riB der Hase dem Bären ein Auge aus und gab ihm wieder ein Stückchen Honig zu kosten. „Nefflein, Nefflein, das schmeckt noch weit besser als dein Auge," gab der Bär schmatzend zurück, „nimm mir doch auch mein anderes Auge noch heraus." Und der Hase riB ihm auch das zweite Auge aus und gab ihm dafür wieder ein Stück Honig in den Mund. Nun konnte der Bär aber nichts mehr sehen. „Nefflein, Nefflein, ist es denn schon Abend geworden ? Ach, jetzt finde ich nicht mehr den Weg nach Hause." „Sei nur zufrieden, Onkel. Ich werde dich führen," sagte ihm der Hase, der noch immer Angst hatte, der Bär könne ihm ein Leids tun. „Auf dem schlechten Wege mußt du eben langsam laufen; wenn wir aber auf den guten Weg kommen, dann kannst du schnell laufen." Er aber ließ ihn nun auf dem guten Weg langsam gehen, bis sie ins Gebirge, auf einen steilen, schmalen Pfad kamen. „Onkel Bär, nun ist der Weg gut, nun laufe schnell !" sprach jetzt der Hase. Der Bär fing zu traben an, der Hase ließ ihn los, der Bär kam ab vom Pfad und rollte hilflos den Abhang hinunter. Im Sturze konnte er sich gerade noch mit den Zähnen an einer Wurzel festhalten. „Onkel Bär, Onkel Bär, wo bist du denn," rief ihm der Hase nach. „Mm, mm," tönte es vom Bär herauf, der ja seinen Mund nicht öffnen konnte. „Sag nicht ,mm', sag doch wenigstens ,aa', daß ich es besser hören kann und dich finde," schrie der Hase. Da brüllte der Bär ,aa', stürzte in den Abgrund hinab und wurde zerschmettert. Der Hase aber rief hinten nach: „Wer hat nun den Hasen aufgefressen?"

Der Hase und die Elster.

Jeden Tag zerkratzte eine Elster dem Hasen den Eingang seines Baues. Deshalb wollte der Hase die Elster fangen und sie strafen. Die Elster aber flog immer flink auf den nächsten Baum und lachte dort den Hasen aus. Zuletzt lud der Hase die Elster feierlich zu einem Festschmause über zehn Tage ein, und sie schrieb ihm zurück: „Lieber Bruder Hase, mit Freuden nehme ich deine Einladung an." Sie kam auch zur festgesetzten Stunde und als Gastgeschenk brachte sie zwanzig Eier mit. Da sprach der Hase : „Die Eier sind eine sehr geringe Entschädigung für das viele Unheil, das du mir schon angerichtet hast. Ich wollte dich immer fangen und bestrafen, doch immer flogst du weg. Du muBt deshalb heute mit mir auf dem Boden um die Wette laufen." Die Elster nahm die Herausforderung an, und sie rannten über ein weites Feld, und der Hase siegte. Die vielen Zuschauer, alles Hasen, schrieen Beifall und lachten die Elster weidlich aus. Die aber zwitscherte erbost: „Meine Niederlage gilt nicht. Ich weiß, wie viele Leute du schon in deinem Leben geschädigt hast." „Wen denn?" fragte der Hase. „Jeden Abend hast du im Kornfeld dem Bauern sein Korn weggefressen; doch lassen wir das Streiten, komm du morgen zu mir zum Schmaus." Und die Elster dachte bei sich, wie sie den Hasen hereinlegen könne, und sie legte ganz heimlich einen Fallstrick. Der Hase besuchte sie auf ihrer grünen Weide, und die Elster sagte dort : „Beim Wettlaufen habe ich's verloren; heute wollen wir aber einmal um die Wette hüpfen !" Und sie hopste wieder und wieder vor dem Hasen her durch die Schlinge, bis der Hase ärger-

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