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0414 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 414 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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hingeschiedenen gefeiert. Am zwanzigsten Tage versammeln sich die Anverwandten zum zweiten Male am Grabe, um das Gedächtniss des Verstorbenen durch ein ähnliches Gastgebot zu begehen. Dieselbe Ceremonie wird am vierzigsten Tage wiederholt und bei dieser Gelegenheit wird auch das Lieblingsross des Verstorbenen, welches am Todestage seines Herrn die Freiheit erhalten hat, jetzt aber aus einer der Tabunen des Ulusses eingefangen wird, getödtet. Das Pferd wird am Grabe verspeist und der Kopf auf die Spitze einer Stange gesteckt, die an dem Ende des Grabhügels aufgerichtet wird. Hierauf wird noch ein Gedächtnissfеst hundert Tage nach dem Tode des Verstorbenen gefeiert, und es war gerade ein solches Fest, das die Koibalen an dem Grabe begingen, zu welchem ich jetzt meine Schritte lenkte."

„Hier waren ungefähr vierzig Gäste versammelt, von denen ein Jeder Airan, gekochtes und gebratenes Fleisch, Käse, Milch, Butter und andere Speisewaaren zum Feste mitgebracht hatte. Diese Gegenstände waren jedoch bei meiner Ankunft zum grössten Theile verzehrt und viele der Gäste lagen schon berauscht auf dem Felde. Diejenigen, welche noch auf den Beinen standen, rauchten mit aller Gemüthlichkeit ihre Pfeifen und schüttelten mit betrübtem Gesichte ihre leeren Airanflaschen. An einem der Gräber, dem letzten in der Reihe, sassen rechts vom Hügel einige Weiber, welche abwechselnd assen, tranken, rauchten, weinten und Trauerlieder sangen. Eine derselben war offenbar die Witwe des Verstorbenen, denn zum Andenken an ihre früheren Pflichten breitete sie Fleischscheiben auf dem Grabhügel ihres Gemahls aus und goss aus einer grossen Sehaale Airan darauf. Ihr gegenüber sass links am Grabe ganz allein ein bejahrtes Weib mit mageren Händen, trüben Augen, eingesunkenen Wangen und zitternden Gliedern. Die Alte hielt einen Stab in der Hand und war in einen groben, kohlschwarzen, zerfetzten Mantel gehüllt. Dies war die siebzigjährige Mutter des Verstorbenen, welche ihren einzigen dreissigjährigen Sohn, die Stütze ihres Alters, in die Erde gesenkt hatte. Häufig streckte sie ihre mageren Hände aus und brach in ein wildes Heulen aus, bis endlich ein junger Tatar sie aus Mitleid in seinen Karren hob und von dem Platze der Trauer fortbrachte."

Die Abakan-Tataren sind im Ganzen musikalischer als ihre westlichen Nachbarn, denn sie besitzen vier verschiedene Musik-