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0450 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 450 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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auf eine andere Familie übergehen kann. Ein solcher Kaufact wird stets in Gegenwart von mehreren Zeugen (Nachbarn) vor-

,   genommen. Der Uebergang des Winterterrains aus einer Hand
in die andere findet ununterbrochen statt, da ja der Bedarf an Winterterrain von der Grösse der Viéhheerden des Besitzers abhängen muss. Sobald nämlich der Viehstand eines Kirgisen abgenommen hat, sucht er seinen Wintersitz an einen mehr begüterten Nachbar zu veräussern. Nimmt der Viehstand eines Kirgisen hingegen zu, so sucht er sein Winterterrain zu vergrössern oder wenigstens den Niessbrauch benachbarter Wintersitze durch eine jährliche Bezahlung zu erlangen. Der reiche Kirgise sucht bei seinen Lebzeiten die älteren Söhne selbstständig zu machen und zwar theilt er seinem ältesten Sohne einen grossen Theil seines Viehes zu und kauft ihm, falls er selbst in seinem Wintersitze sich beengt fühlt, ein neues Winterterrain. Hat er selbst ein genügend grosses Wintergebiet, so weist er jedem Sohne, sobald er ihm sein Erbtheil an Vieh an- gewiesen, auch einen eigenen Wintersitz zu. Der Erbe des Nachlasses und des väterlichen Wintersitzes ist der jüngste Sohn. Bleiben mehrere Söhne nach, so. wird das Vieh zwischen ihnen getheilt und der Wintersitz gilt als gemeinschaftlich, wenn sie nicht durch freie Uebereinkunft eine Theilung vornehmen. Letzteres geschieht aber nur sehr selten, da es für den jüngsten Sohn nicht vortheilhaft ist. Denn falls das Vieh so zunimmt, dass der Wintersitz dasselbe nicht mehr fassen kann, so hat der älteste Bruder nach kirgisischer Sitte die Pflicht, sich einen neuen Wintersitz zu erwerben und wird dabei nur theilweise von den jüngeren Brüdern unterstützt. Ist nach einiger Zeit der Viehstand so gewachsen, dass er für die zurückgebliebenen Brüder nicht ausreicht, so muss sich wiederum der älteste entfernen, bis zuletzt nur der jüngste im väterlichen Wintersitze

verbleibt.   ѕ

Während also mit zunehmendem Viehreichthum auch das Winterterrain der Familie sich immer mehr ausdehnt, ebenso nimmt es bei rückwärts gehendem Viehstande immer mehr ab, bis der Besitzer es aufgiebt und verkauft, sich mit den Resten seiner Heerde zu einem Verwandten begiebt und für gewisse Dienstleistungen das Recht erhält, das Winterterrain desselben zu benutzen. Stirbt ihm alles Vieh, so bleibt ihm nichts übrig, als sich als Arbeiter zu vermiethen.