National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0451 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 451 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000224
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

417 --

Die Winterstriche sind meist so vertheilt, dass sie durch natürliche Grenzen von denen der Nachbarn geschieden sind, sie werden also von Flüsschen, Seeen, Hügeln, Abhängen u. s. w. begrenzt; ist keine natürliche Grenze vorhanden, so werden künstliche Grenzzeichen aufgestellt, z. B. Pfähle oder Steine. Die Grenzen der einzelnen Gebiete sind allen Verwandten und Nachbarn genau bekannt, sie gelten als unantastbar und stehen unter dem Schutze des Geschlechtes.

Da nicht alle Winterterrains von gleicher Güte sind, so ist auch der Preis der verschiedenen Wintersitze ein verschiedener. Es ist aber das Bestreben jedes nur irgendwie w hl-habenden Kirgisen, den Zustand seines Winterterrains durch Ankauf, Tausch oder Pacht zu verbessern.

Während nun die Winterterrains als fester Besitz des einzelnen Individuums gelten, sind die Sommersitze Eigenthum des Geschlechtes. Eine Theilung des Sommerareals zwischen den einzelnen Familien hat, so viel mir bekannt, nirgends stattgefunden. Hier hat Jeder, der Reiche sowohl wie der Arme, das Recht, sich niederzulassen, wo er will. Natürlich ist diese Freiheit nur in der Theorie eine vollkommene. Der Reiche und Angesehene weiss es natürlich so einzurichten, dass er den besten Platz erhält.

Bis Mitte April bleiben die Kirgisen gewöhnlich in ihren Wintersitzen, darauf beginnen sie überzusiedeln. Damit es ihnen gelingt, einen recht zweckentsprechenden Sommersitz zu erhalten, hält jedes Aul, das im Allgemeinen aus 3-5 Jurten besteht, die Zeit seines Aufbruches und die einzuschlagende Richtung möglichst geheim, gleichwohl finden aber geheime Besprechungen mit anderen Aulen, besonders mit Verwandten und Freunden, statt; darauf brechen die Aule plötzlich auf und suchen möglichst schnell den beabsichtigten Ort zu erreichen. Ist der Ort schon eingenommen, so bezieht das Aul die nächste freie Stelle. Dem Aufbruch eines Aules folgt gewöhnlich der Aufbruch aller Aule der Gegend, jeder sucht sich möglichst schnell einzurichten und nicht nur einen günstigen Platz zu erreichen, sondern auch einen solchen Platz, der bequem für das Weiterwandern ist und in einer Richtung liegt, die bei fortgesetzter Bewegung zu einem schönen Weideterrain für den Hochsommer führt Im Anfang des Frühjahrs, wenn das Gras noch spärlich hervorgesprossen, können die Aule nur sehr kurze Zeit an einem Orte zubringen,

Radio f f, Aus Sibirien. I.   27