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0559 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 559 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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muss. Aber auch dieses aggressive Verfahren ist nur möglich -and erfolgbringend, wenn sich eine möglichst grosse Menge von Individuen zu gemeinschaftlichem Unternehmen verbindet, d. h. 'wenn sich im Volke eine stark ausgesprochene Gruppenbildung -von Individuen mit gemeinsamen Interessen vollzogen hat.

Den Kern für die den Nomaden nöthige sociale Gruppen= ~bildung bot selbstredend die natürliche Zusammengehörigkeit der Familie; die Familienglieder, welche in nächster Verwandtschâft standen, waren durch einen gemeinschaftlichen, ungetheilten Веsitz, . der für kleinere Heerden eine Existenzbedingung ist, in

  • ihren Interessen eng aneinander gekettet, an sie schlossen sich einzelne fernere Verwandte und durch andere Verhältnisse nahe= 'stehende Familien an und so bildete sich die kleinste sociale Einheit: „das Aul!" (der Name aul ist aus dem Worte agyi, was eigentlich „Unizdunung, Hürde" bedeutet, entstanden). Die

,* ses Aul bleibt Winter und Sommer zusammen, es besteht aus

sechs bis zehn Familien. Der Leiter des Auls ist das älteste Familienglied derjenigen Familie, die den grössten Besitzstand und "die meisten Verwandten im Aule besitzt. In den Wintersitzen vereinigen sich einige Aule zu einer grösseren Gruppe, da zur Winterzeit ein Theil der Heerde nicht beim Aule ist, die Bewachung der Heerden auch mehr Menschen erfordert und die bösе Winterzeit mit ihren Entbehrungen grösseren Gesellschaften minder fühlbar wird. So entsteht die Geschlechtsabtheilung, die

-im Winter in gemeinschaftlichem Sitz zusammenwohnt, aber im

Sommer sich auf einem grösseren Terrain zerstreut, ohne auch dann eine gewisse Fühlung und Zusammengehörigkeit zu verlieren, damit man bei etwaigen Angriffen energisch gegen den gemeinsamen Feind auftreten kann. In der Geschlechtsabtheilung giebt es schon gemeinsame und Einzel-Interessen der Aule, die häufig in Conflict miteinander gerathen. Daher bedarf es hier schon einer Autorität, welche diese Conflicte zu lösen und die streitigen

Punkte zu 'entscheiden hat. Sothane Autorität concentrirt sich in Persönlichkeiten, die sich durch Reichthum, geistige Fähigkeiten, Gerechtigkeitssinn und durch eine zahlreiche Verwandtschaft, die im Nothfall durch ihre Clienten das Wort mit der That zu unterstützen vermag, auszeichnen. Diese Persönlichkeiten werden von den Kirgisen g (Beg = Herr) gen агnt und üben eine richterliche Gewalt aus. Sie schlichten die Streitigkeiten über die Besitze der Wintersitze, gleichen Gegensätze zwischen den Aulen aus und

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