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0562 Aus Siberien : vol.1
Aus Siberien : vol.1 / Page 562 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000224
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Die Wahl der Kane zu Anfang dieses Jahrhunderts beschreibt uns Lewschin folgendermassen:

„Sobald sich das Volk an einem bestimmten Orte versammelt .hat, bilden sich sogleich einzelne Gruppen, die zur Веrathung zusammentreten wegen der Wahl des zukünftigen Würdenträgers. Nachdem man sich längere Zeit in den einzelnen Gruppen bemüht bat, eine Einigung zu erreichen, wird die allgemeine Wahl vorgenommen. Man breitet reihenweise Teppiche und Filzdecken aus, auf denen die Sultane, Bï's und Aeltesten, sich nach Alter und Bedeutung ordnend, Platz nehmen, während das gemeine Volk sich hinter ihnen aufstellt. Zu Anfang ist eine solche Versammlung stets ruhig und still, später aber geht sie in einen immer heftigeren Lärm über. Die ältesten und angesehensten Leute eröffnen die Versammlung, die Kühnsten suchen durch Reden die Gemüther zu erregen, während die Einflussreichsten den Ausschlag geben. Dabei giebt es stets Zänker und Schreier, und manchmal zieht sich die Verhandlung zwei bis drei Tage lang hin.

„Wenn der Kan erwählt ist, so begeben sich die angesehensten Sultane zu ihm und theilen ihm die Wahl mit, dann setzt man ihn auf eine dünne, weisse Filzdecke, hebt ihn in die Höhe und setzt ihn wieder nieder. Haufenweise drängt sich das Volk heran und sucht den Kan ebenfalls aufzuheben und niederzusetzen. Zum Schlusse der Ceremonie wird die weisse Filzdecke, auf der der Kan gesessen, und oft ein Theil der Kleidung desselben, in kleine Stücke zerrissen und jeder der Anwesenden sucht einen kleinen Fetzen als Erinnerungszeichen, dass er bei der Wahl zugegen gewesen, mit nach Hause zu nehmen.

„Der neuerwählte Kan richtet sogleich nach der Wahl ein Gastmahl aus, durch welches er seine Erkenntlichkeit für die Wahl beweist. Bei diesem Gastmahle, an dem das ganze versammelte Volk theilnimmt, werden eine grosse Anzahl Schafe und Pferde geschlachtet und nicht wenig Kumys dargereicht."

Die so ertheilte Kannwürde war aber nichts mehr oder weniger als ein leerer Titel, denn dem Kan fehlte jede Macht, seine Unterthanen seinem Willen zu unterwerfen. Die Kanswürde hatte überhaupt nur Bedeutung, so lange in Kriegszeiten die einzelnen Stämme und Geschlechter durch die Kriegszüge des Kans einen direkten Vortheil durch Besetzung guter Wintersitze