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0049 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 49 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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Von Khotan durch die Wüste nach dem Kerija-darja und weiter nach Schah-jar. 37

reicht, you Süden nach Norden erstreckt, und in dem die Bäume einst ziemlich dicht gestanden zu haben scheinen. Wurzeln von Pappeln sind aufserordentlich allgemein. Alles ist hart, aber spröde wie Glas und zerspringt mit einem klingenden Laut beim Anschlag.

Einen grofsen Teil dieses Tagemarsches legten wir gegen Norden zurück und zwar weil die Wegweiser aus Tavek-kel wufsten , dafs die Ruinen der alten Stadt, welche ich eben besuchen wollte, am östlichen Rande des N - S sich erstreckenden „köttek"-Streifens gelegen war, und diesen Streifen hatten wir zu weit südlich erreicht. Für die Kamele war es viel bequemer, nach Norden als nach Osten zu gehen , sie hatten nämlich jetzt keine „davane" zu kreuzen. Gegen Abend erreichten wir auch das Ruinenfeld , welches ich in meinem Reisewerk beschrieben babe ; die davon mitgebrachten Buddhabilder werden, wie auch meine Terracotta-Sammlungen aus Borasan von Herrn Prof. Griinwedel, der freundlichst diese Arbeit übernommen hat, publiziert werden ; ich übergehe deshalb hier diese archäologischen Entdeckungen, welche ja auch eigentlich nichts mit der geographischen

Beschreibung der durchreisten Gebiete zu thun haben.   Die ehemalige Existenz einer,
wie es aus den Ruinen hervorgeht, nicht unbedeutenden Stadt bier mitten in der Wüste ist aber an und für sich von höchstem Inte resse. Die Häuser waren aus Pappelholz aufgeführt, und die Pfähle, welche das Gerüst des Hauses gebildet batten, tauchten, soweit das Auge reichte, aus den Dünen, besonders aber natürlich aus den Dünenthälern hervor. Die dünnen Wände bestanden sonst aus einem sehr festen Gemisch von Kamisch (Schilf) und Lehm und waren an der Innenseite mit einer dünnen Gipsschicht bestrichen. Diese Teile der Wände waren aber meistens zerstört. Alles Material , welches zum Aufbau eines Hauses nötig war, konnte man seiner Zeit an Ort und Stelle erhalten, und zwar vom jetzt ausgestorbenen Walde', in dessen unmittelbarer Nähe die Stadt gelegen war. Wie in den jetzigen Dörfern von Khotan gab es auch hier Gärten, in denen wir noch ein paar ganz ausgetrocknete Stämme von Aprikosenbäumen und Pappeln (P. alba) fanden; auch ein gewaltiger Mühlstein aus Porphyr von mehr als 1m Durchmesser verriet, dafs bier einst strömendes Wasser existiert hatte. Jetzt war alles, Wald und Stadt, in bis 10m hohen Sanddünen begraben, und Brunnenwasser erhielten wir erst auf 2,2m Tiefe mit einer Temperatur von 9,65° ; Lufttemperatur um 4 Uhr nachmittags = 6,3°; in 1,1 m Tiefe = 7,6°, in 1,6m Tiefe = 9,6°.

Woher stammte das Wasser, welches diesen Wald und diese Gärten bewässerte? Vom Tjira-darja? Dieser Flufs hört jetzt , weil seine ganze Wassermenge von der Oase Tjira beansprucht wird, schon am Rande der Wüste auf, d. h. einen ganzen Breitengrad entfernt von der alten Stadt. Das Alter der Stadt beläuft sich auf etwa 2000 Jahre, und es ist gar nicht unmöglich, dafs der Flufs sich in diesem Zeitraum wegen klimatischer Veränderungen so weit nach Süden zurückgezogen hat. Meine Führer vermuteten dagegen, dafs das Irrigationswasser durch einen Kanal aus Khotan- oder Kerija-darja die Stadt erreichte ; wir haben aber heutzutage kaum Beispiele, dafs ein Kanal eine so lange Strecke geleitet werden kann. In der unmittelbaren Nähe der alten Stadt finden wir noch Spuren alter Uferterrassen, und nach meiner Ansicht bezeichnen diese eine ältere Lage des Kerijadarja, welcher sich also seit der Blütezeit der Stadt 38 km nach Osten bewegt haben müfste. Weiter unten, bei der Beschreibung des Kerija-darja werde ich Gelegenheit finden, zu zeigen, dafs sich der Flufs noch heutzutage sichtbar gegen Osten verschiebt. Die Thatsache, dafs man in den Häusern der alten Stadt keine wertvollen Sachen, keine Kleidungsstücke, Geräte oder dergleichen Gegenstände findet, scheint dafür zu sprechen, dafs die Ein-

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geborenen sich langsam zurückgezogen und Zeit gehabt haben , um alles Wertvolle mitzunehmen. Was für physische Kräfte sie gezwungen haben , ihre Häuser zu verlassen, ist offenbar: nämlich der vordringende Flugsand und die östliche Verschiebung des Flusses. Als dieser sein Bett veränd erte und den Bewässerungskanälen kein Wasser mehr brachte, war die Stadt zum ewig en Tod verurteilt, und der Flugsand that das Übrige, um ihre