National Institute of Informatics - Digital Silk Road Project
Digital Archive of Toyo Bunko Rare Books

> > > >
Color New!IIIF Color HighRes Gray HighRes PDF   Japanese English
0145 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 145 (Color Image)

New!Citation Information

doi: 10.20676/00000262
Citation Format: Chicago | APA | Harvard | IEEE

OCR Text

 

 

Neuere Forschungen in der Lop-nor-Gegend.   133

sichtbar war. Die Mündung des Jarkent-darja befand sich in dieser entfernten Zeit 4 Werst westlich von der jetzigen, gerade gegenüber der Stelle, wo jetzt die Niederlassung Ab-dal liegt."

Diese Mitteilung ist hochinteressant. Leider wissen wir nicht, wie es sich mit dem Schilf in der nordöstlichen Hälfte des Sees verhielt. Da es aber in der südwestlichen Hälfte nur am Ufer und zwar in einem schmalen Saum vorkam , mufste der See eine so neue Bildung sein , dafs das Schilf sich noch nicht in beträchtlichem Mafse hatte verbreiten können , denn gewifs war nicht überall die Tiefe des Wassers dem Aufkeimen des Schilfes hinderlich. Wenn, wie ich oben gezeigt babe, der Kara-koschun vor etwa 170 Jahren gebildet worden ist, und die Wassermassen des Tarim hier mit einem Male den ebenen Wüstenboden überschwemmt haben, ist nichts wahrscheinlicher, als dafs der Kamisch eine geraume Zeit brauchte, um den in dieser unvermuteten Weise berieselten Boden in Besitz zu nehmen. Nach der citierten Mitteilung finden wir, dafs der Reichtum des Sees an Kamisch sich erst im 19. Jahrhundert hier entwickelt hat und dafs die Verhältnisse in dieser Beziehung im 18. Jahrhundert ganz anders waren.

„Die Tiefe des Sees war damals unvergleichlich gröfser als die jetzige, und an seinen Ufern standen viele Niederlassungen, von welchen jetzt kaum die Spuren bemerkbar sind. Wegen dieses schrittweisen Rückzuges des Sees und seines Überwachsens mit Kamisch wurden die Bewohner dieser Niederlassungen gezwungen , sie zu verlassen und sich am unteren Tjertjen-darja niederzulassen." Der Reichtum an Fischen soll damals viel gröfser gewesen sein, und selbst Fischottern kamen im See vor, die längst verschwunden sind.

Jetzt folgt aber das Merkwürdigste von allem (S. 305) : „Der Flufs Jarkent- darja strömte, nach der Tradition, vor 200 Jahren nördlich von seinem jetzigen unteren Laufe und entleerte sich in einen kleinen See, Utschu-kul, der mit dem Lob-nor durch einen Sund in Verbindung stand. Diese Überlieferung bestätigt der alte Abdul Kerim nach den Erzählungen seines Grofsvaters , während dessen Lebenszeit der Flufs noch in der erwähnten Richtung strömte, um erst später sein Bett zu verändern. Das alte Bett des Jarkent-darja, welches heutzutage Schirga - tjapkan genannt wird , ist noch in der gegenwärtigen Zeit deutlich zu unterscheiden. In ihm sind noch hier und da Stümpfe von Bäumen auf bewahrt, welche einst die Ufer des Flusses beschattet haben. Früher kamen diese Baumstümpfe in grofser Zahl vor, aber die Bewohner der benachbarten Niederlassungen verbrauchten sie allmählich zu Brennholz, und jetzt werden sie schon selten angetroffen."

Mit dieser Tradition möge die Mitteilung, die ich von Kuntjekkan Bek erhielt, verglichen werden. Auf Pjewzows Karte liegt der Schirge-tjappgan (wie der Name geschrieben werden sollte) — in der Nähe der jetzigen Niederlassung desselben Namens — 22 Werst nördlich vom jetzigen unteren Teil des Flusses. Ob es richtig ist, wie dieselbe Karte angibt, dafs dieser alte Schirge - tjappgan , d. h. der frühere Lauf des Flusses, sich in den jetzigen See Kara-koschun ergossen hat, ist nicht bewiesen. Schon die Mitteilung, die mir Kuntjekkan Bek machte , spricht für das Gegenteil: der Schirge-tjappgan hat sich in einen anderen See ergossen , oder , mit anderen Worten , der Kara - koschun hatte damals eine etwas nördlichere Lage.

Da nun vor 200 Jahren der Flufs 22 Werst nördlicher sich in einem rechten Winkel nach Osten gedreht hat, um parallel mit seinem gegenwärtigen Laufe zum See zu fliefsen, so mufs irgend eine Ursache vorhanden gewesen sein , welche den Flufs gezwungen hat, seinen meridionalen Lauf noch um 22 Werst zu verlängern und sich dem Gebirgsfufs so beträchtlich zu nähern. Diese Ursache kann nicht nur auf der Transport- und Erosions-kraft des Wassers und der Transportkraft des Windes basiert sein, denn das Phänomen ist nicht nur auf das Gebiet des Schirge-tjappgan - Bettes beschränkt. Gehen wir weiter nach Westen, so finden wir, wie ich weiter unten näher beschreiben werde, dafs der ganze untere Lauf des Tjertjen - darja sich etwa 18 Werst (in der Nähe der Mündung) von N nach S