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0172 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 172 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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160   Hedin, Reisen in Zentralasien.

grofsen „nur" noch kleine gibt, die ihn umringen , und sogar die Namen von drei der vier südlichen kleinen Seen kennt, scheint er seine Überzeugung , dafs die Auffassung des Han-schu richtig sei , auch aus anderen Quellen , und zwar seiner eigenen Zeit, geschöpft zu haben. Ob er selbst den Lop-nor besucht hat, geht nicht hervor ; wahrscheinlich hat er seine tiberzeugung, dafs nur eine Mündung existierte, aus Nachrichten der Eingeborenen geschöpft. Da er seine Aufmerksamkeit besonders auf die Frage der beiden Mündungen gerichtet hat, hätte er natürlich erwähnen müssen, ob auch von Süden ein Flufs in den See ausmündete. Eben dies bestreitet er aber entschieden, indem er hervorhebt, dafs er „weifs", es wäre nur ein Wasserlauf, und in der That fehlt auf der beigefügten Karte jede Spur von einer anderen Mündung. Diese andere „südliche Mündung", welche dagegen Li-Kün kannte, kann natürlich nichts anderes sein als der Tjertjen-darja.

Das Schuei-king-tschu stammt aus dem Ende des 5. oder Anfang des 6. Jahrhunderts.

Der Verfasser dieses Textes hat aber, aller Wahrscheinlichkeit nach , recht, wenn er sagt, der Lop-nor hätte zwei Mündungen, eine nördliche und eine südliche — denn irgendwo hat doch der Tjertjen-darja ausmünden müssen, und hätte er dies nicht gethan, so hätte der Verfasser eine südliche Mündung nicht erwähnt. Roborowskij hat das alte, nördliche Bett des Tjertjen-darja gefunden. Der Flufs scheint in der Zeit von Li-Kün in den alten Lop - nor sich ergossen zu haben. Nach den Mitteilungen der Eingeborenen habe ich schon oben berechnet, dafs der Tjertjen -darja etwa im Jahre 1725 sein Bett nach Süden verschoben hat, gleichzeitig mit der Wanderung des Lop-nor-Beckens in derselben Richtung. Diese Veränderung hat also in der Zeit zwischen Li-Küns Reise und dem Ver-

fasser des Si-yü-schuei-tao-ki, der im Jahre 1823 herausgegeben worden ist, stattgefunden. Da scheint sich der Tjertjen-darja für eine Zeit vom Tarim - System losgerissen zu haben und sein eigenes Seebecken, etwa in der Gegend des jetzigen Kara-buran, gebildet zu haben. Eino solche Metamorphose konnte sich nur infolge von Niveauveränderungen ereignen. Für diese sind ebenso wenig der Tarimflufs wie der alte Lop-nor unempfindlich geblieben; der Flufs brach sich durch den Sand einen neuen Lauf nach Süden — den Ettek-Tarim — und ergofs sich — von etwaigen Zwischenstadien abgesehen -- in den Kara - buran, um dann endlich den Kara-koschun zu bilden, wie auch Kuntjekkan Bek zu bestätigen wufste. Der alte Lop - nor wurde von dem Flugsand immer mehr bedroht und angefüllt ; nur die Reste des Sees sind übrig geblieben.

Die in dem Si-yü-schuei-tao-ki veröffentlichte Karte ist in jedem Fall zu einer Zeit angefertigt worden , als der See überhaupt nur eine Mündung hatte. Streng genommen, könnte man ja einwenden, dafs auch der Kara-koschun, wenn man diesen See mit dem alten Lop-nor zu identifizieren versuchen wollte , nur eine Mündung , nämlich die von Kumtjappgan, hat. Eine solche Annahme würde aber unser Problem nicht einfacher machen; der Tjertjen-darja fehlt nämlich auf der chinesischen Karte, und wir können nicht voraussetzen, dafs seine Eintragung einfach vergessen worden ist. Eine letzte Möglichkeit ist die, dafs der Tjertjen-darja sich mit dem Tarim vereinigt habe, bevor derselbe in den alten Lop-nor ausmündete , wie dies eigentlich auch heute der Fall ist. Allein, nichts deutet darauf hin ; die Karte macht eben das Gegenteil wahrscheinlicher. Wenn wir auch aus den chinesischen Texten keine sicheren Schlüsse ziehen können, so geht doch aus denselben deutlich genug hervor, dafs die hydrographischen Verhältnisse des Gebietes auch in alten Zeiten grofsen Schwankungen unterworfen gewesen sind.

Dafs der alte Lop-nor mit dem jetzigen Kai a-koschun nicht identisch sein kann, erhellt auch aus der Gegenwart der vier kleinen Seen am Südufer, von denen der südlichste etwa 80 li oder 25 Werst vom Südufer des Sees liegt, d. h. ebenso weit wie die „Ruinen des alten Forts" auf Pjewzows Karte. Dieser Punkt befindet sich aber schon nicht unbeträchtlich höher als der Seespiegel , denn vom Südufer des Kara - koschun steigt , obgleich langsam, der Boden gegen den Fufs des Astun-tag. Wenn aber der Lop-nor mehr in der

 
     
     
     
   

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