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0227 Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1
Die Geographische-Wissenschaftlichen Ergebnisse meiner Reisen in Zentralasien, 1894-1897 : vol.1 / Page 227 (Color Image)

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doi: 10.20676/00000262
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Von Khotan über Pulur nach Kerija und Nija.   215

Vorposten des Sandmeeres sind, das wir linker Hand haben. Darauf passieren wir ein paar linke Arme des Ullug-su (Sourgak-darja) mit sehr wenig Wasser , hauptsächlich nur stillstehende Tümpel; hier sind Tamarisken ziemlich allgemein. So erreichen wir die äufsersten Gärten von Nija, noch sel'fr zertreut liegend, und haben rechter Hand einen der Hauptkanäle. Nachdem wir ihn gekreuzt haben, gehen wir auch über das Bett des Sourgak-darja oder Nija-darja, welches jetzt nur 12 cbm Wasser führte. Man sieht jedoch sogleich, dafs auch hier dieser weiter oben flufsähnlichere Bach bedeutende Wassermassen führen kann. Das Bett ist 3 m tief eingeschnitten; am rechten Ufer ist der Bazar von Nija gelegen.

Nija hat einen Bek, 2 „jus-baschis" und 4 „on-baschis", und die ganze Oase soll von

500 Familien bewohnt sein , wobei wohl mehrere zutällig sich aufhaltende mit gerechnet werden ; Pjewzow gibt die Zahl auf 380 an. Die Bewohner leben von Ackerbau (nur nicht Reis) und Schafzucht. Baumwolle wird gebaut. Die Regenzeit tritt im Sommer ein, es regnet aber nur sehr wenig, das letzte Mal am 5. Juli. Die Gegend wird im warmen

Halbjahr für windig gehalten und ist, wie die Einwohner sagen, für den Wind „nackt blofsgelegt". Der vorherrschende Wind ist östlich, so auch die Burane. Von der Wüste oder vom Gebirge soll es nie kräftig wehen. Der Ullug-su (auch Ullug-saj) oder Nija-darja versieht die Oase mit Wasser, und der Zuflufs ist besonders im Juni—August am gröfsten. Schon Mitte August beginnt der Flufs beträchtlich abzunehmen, wird aber auch durch Quellen gespeist. Die kleinen „kölls" halten Wasser nur für 15 Tage. Einen grofsen Teil des Jahres ist man aber auf Brunnen angewiesen, die 5 bis 6 Faden („gulatsch") tief sind und gutes, süfses Wasser geben. Unter solchen Umständen kann man verstehen, dafs die Gegend sich nicht für Ackerbau eignet. Die Gärten und Felder sehen auch ärmlicher aus als anderswo. Die Oase wird also vom Nija-darja in zwei Hälften geteilt, von denen die westliche wegen des gelben Sandes Keng-sarik („breite gelbe") genannt wird; die östliche, wo der Boden steiniger ist, heifst Lämpa.

Die Hauptbedeutung von Nija beruht jedoch auf der Nachbarschaft des berühmten Masars Imam Djafer Sadik, zwei Tagereisen für einen Reiter und drei für einen Fufsgänger, nördlich von Nija, am unteren Nija-darja in der Wüste gelegen. Jedes Jahr soll dieses Heiligengrab von 3000 bis 4000 Pilgern besucht werden ; die meisten kommen Mitte und Ende August, aber viele begeben sich auch im Winter dorthin, besonders „bajen", reiche Männer. Im Winter reitet man im Flufsbett , sonst im Walde. Der Flufs ist selten so wasserreich , dais er nicht passiert werden kann , und dann ist er es zum gröfsten Teil nur wegen „pattik-laj", d. h. Thonschlamm, in den die Pferde einsinken. Der Wald fängt etwa 10 km nördlich von Nija an ; wilde Kamele und Tiger hatte niemand in dieser Gegend gesehen. Am Heiligengrabe soll niemals Mangel an Wasser sein ; hier soll der Flufs nämlich einen kleinen See bilden, der, im Winter gefroren, den Wasserbedarf deckt. Der Flufs setzt sich jenseits des Masars noch eine Tagereise nach N fort, die ganze Strecke mit Wald an den Ufern, und verschwindet endlich im Sandmeere. Wenn die Zahl der Pilger ungewöhnlich grofs ist, leitet man die ganze Wassermenge in den See hinein. Der Masar hat 5 Schejks, von denen drei das warme Halbjahr in Nija zubringen, um sich Mitte oder Ende August nach Imam Djafer Sadik zu begeben. Sie leben wie bei Ordan Pad-schah ausschliefslich von den von den Pilgern mitgebrachten Geschenken : Schafen, Mehl, Getreide , Brot , Früchten ; sie erhalten auch andere Gaben , wie „Tjapanen" und andere Kleidungsstücke. Das Grab soll gegen 3000 Schafe besitzen , die in den Wäldern des Nija- darja weiden. Die Häuser von Imam Djafer Sadik sollen auf hartem, festem Boden, und zwar auf Befehl von Nias Hakim Bek, aufgeführt sein.

Am 18. Juli begaben wir uns von Nija gegen SO in einem rechten Winkel gegen den grofsen Weg. Während der ersten 40 Minuten reiten wir durch den äufseren Teil des Dorfes und dessen Felder , kreuzen zwei recht bedeutende Bewässerungskanäle und einen